Am Montag, den 05.08.2024, haben wir zwei ehemalige Kombattanten im Nahost-Konflikt eingeladen, um respektvoll ihrer Lebensgeschichte zuzuhören und zu erfahren, wie sie zuerst zu Feinden, dann zu Kollegen auf einer gemeinsamen Mission der Ent-Feindung und des Respekts wurden. Unterstützt wurden wir dabei durch das Bistum Trier, die DFG-VK Trier, die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die Pax Christi Sektion Trier, und das Theologische Quartett.
Rotem Levin, ein ehemaliger Soldat der israelischen Armee, und Osama Iliwat, Angehöriger der Polizei der Palästinensischen Autonomiebehörde, schilderten eindrucksvoll ihren Werdegang in separierten Communities. Besonders eindrucksvoll und bedrückend war die ehrliche Weise, wie sie über den Hass sprachen, den sie auf die jeweiligen Konfliktgegner empfanden. Nur ein langer Prozess, in dem die beiden gemeinsam Dialogseminare in Bethlehem und in Deutschland besuchten, konnte ihnen helfen, den Hass und die Ablehnung des anderen langsam zu verlernen. Osama Iliwat brachte es in einem bewegenden Statement auf den Punkt: „Wenn du deinen Schmerz spürst, bist du am Leben. Wenn du den Schmerz des Anderen spürst, bist du ein Mensch.“
Beide betonten auch, dass sie sich noch auf dem gemeinsamen Weg der Ent-Feindung befinden. Nur durch diesen langsamen und schwierigen Prozess, der den Aufbau gegenseitigen Respekts zum Ziel habe, sei es möglich, aus der Spirale von Hass und Gewalt, die ihre Heimat im Griff hat, auszubrechen.
Die meisten der etwa 120 Teilnehmenden im gefüllten Caspar-Olevian-Saal verfolgten die intensiven Ausführungen mit großer Aufmerksamkeit und viel Respekt vor den Lebensgeschichten der beiden ehemaligen Kombattanten. Zwischendurch kam es allerdings zu einer Störung, als zwei Besucher Rotem Levin und Osama Iliwat lauthals als „Lügner“ beschimpften und aggressiv die Veranstaltung zu sprengen drohten. Dem beherzten und klugen Eingreifen eines Teilnehmers ist es zu verdanken, dass die beiden Störer mit einer Gruppe der Teilnehmenden den Saal verlassen haben, und ihnen draußen zugehört wurde.
Der restliche Abend verlief weitestgehend friedlich, auch wenn die Diskussionen am Abend und auch im Nachgang weiterhin sehr emotional geführt werden. Die meisten Teilnehmenden haben die Erfahrung, dass sie der Lebens- und Leidensgeschichte der beiden Kombattanten zuhören durften, als kostbar und wertvoll wahrgenommen. Andere Stimmen wurden laut, es handle sich um antisemitische Lüge und Stimmungsmache, was wir entschieden zurückweisen. In keiner Form wurde mit der Veranstaltung das Existenzrecht Israels infrage gestellt oder gar der Terror der Hamas rechtfertigt.
Es gibt keine einfachen Antworten und keine einfachen Lösungen für den Konflikt zwischen Israel und Palästina.
Wir mahnen nicht erst seit den terroristischen Angriffen der Hamas gegen Israel, sondern seit der Gründung der AG Frieden 1979 für Mäßigung und Dialog, für Gewaltfreiheit und Austausch. Wir erinnern an die Opfer der antisemitischen Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus, wir handeln mit grenzüberschreitenden Kooperativen in Israel und Palästina und wir erklären uns solidarisch mit den Opfern eines scheinbar ausweglosen Konfliktes, der nur am Verhandlungstisch und nicht mit Bomben und Raketen gelöst werden kann. Und wir wissen, dass wir keine einfache Lösung parat haben.
Die einzige Chance auf Frieden ist der Dialog, der erst dort entsteht, wo sich Menschen einander öffnen und einander respektvoll zuhören. Wo sie beginnen, zwei gegeneinander gerichtete Erzählungen zusammenzubringen und gemeinsam eine neue Geschichte zu schreiben.
Wir versuchen, all jenen Gehör zu verschaffen, die Hoffnung spenden. Und wir wünschen uns, dass diejenigen, die einfache Lösungen für einen komplexen Konflikt propagieren, gemeinsam mit uns zuhören.