Mit einem Abendvortrag von Prof. Dr. Sybille Steinbach (Direktorin des Fritz-Bauer-Institut, Frankfurt/Main) am Mittwoch, dem 18. Januar 2023, um 18.30 Uhr, wird die Ausstellung in der VHS, in Raum 5, am Domfreihof Trier, eröffnet.
Primo Levi (1919–1987) ist ein Überlebender des Konzentrationslagers Buna-Monowitz. In seinem autobiographischen Roman „Ist das ein Mensch?“ berichtet der italienische Schriftsteller über seinen elfmonatigen Zwangsaufenthalt an diesem Ort. Seine Erzählungen prägten und prägen maßgeblich die Erinnerungen an den Holocaust mit. Sein autobiographischer Bericht über das KZ beginnt mit den Worten: „Buna ist hoffnungslos, durch und durch trübe und grau. Diese ausgedehnte Wirrnis von Eisen, Zement, Schlamm und Qualm ist die Verneinung der Schönheit schlechthin. Ihre Straßen und Bauten werden mit Zahlen und Buchstaben benannt wie wir, wenn sie nicht unmenschliche und unheilvolle Namen tragen. In diesem Bereich wächst kein Grashalm, und die Erde ist getränkt mit den giftigen Säften von Kohle und Petroleum. Nichts lebt hier, nur Maschinen und Sklaven: und jene mehr als diese“.
Dr. Heinz Kahn war in Buna interniert
Neben Levi war auch der im Jahr 1922 in Hermeskeil geborene Dr. Heinz Kahn in Buna interniert. Bekanntheit erlangte Kahn vor allem dadurch, dass er die jüdische Kultusgemeinde in Trier neu mitbegründete und ihr erster Vorsitzender wurde. Der langjährige Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Koblenz, wohnte später mit seiner Frau Inge Kahn in Polch, wo er als Tierarzt praktizierte. 2014 verstarb er im Alter von 91 Jahren. In einem Interview für das Wollheim Memorial, welches es sich sowohl zur Aufgabe gemacht hat, die Geschichte der Opfer von Buna-Monowitz sowohl zu bewahren als auch ihre Entschädigung zu dokumentieren, schildert Heinz Kahn seine Erfahrung über das Vernichtungslager Buna: „Ich hab ungefähr 75 kg gewogen, als ich ins Lager kam, und als ich in den Krankenbau kam, hab ich noch 44 kg gewogen. Also es ging wie ein Abreißkalender. Also nicht allein wegen dem schlechten Essen, sondern das Seelische und Moralische vor allen Dingen. Wir waren zum Tode verurteilt. Man hat uns ja gesagt, ihr seid hier um zu verrecken. Der einzige Weg aus diesem Lager ist durch den Kamin oder über den Rost“ (Quelle: http://www.wollheim-memorial.de/de/dr_heinz_kahn [Interview 31:40 – 32:05]).
Die unrühmliche Rolle der IG Farben
Der Chemiekonzern I.G. Farben ließ ab 1941 in unmittelbarer Nähe zum Konzentrationslager Auschwitz eine chemische Fabrik zur Produktion von „Buna“ errichten, einem für die Kriegswirtschaft wichtigen synthetischen Kautschuk. Neben deutschen Fachkräften setzte das Unternehmen auf der riesigen Baustelle tausende von Häftlingen aus dem KZ Auschwitz, außerdem Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter:innen aus ganz Europa ein. Mit der SS arbeiteten die IG-Farben-Manager eng zusammen. Für die ständig steigende Zahl von KZ-Häftlingen errichteten sie 1942 gemeinsam mit der SS das firmeneigene Konzentrationslager Buna-Monowitz. Tausende Häftlinge kamen durch die unmenschlichen Arbeitsbedingungen auf der Baustelle zu Tode oder wurden in den Gaskammern in Auschwitz-Birkenau ermordet, sobald sie nicht mehr arbeitsfähig waren. Wer zur Zwangsarbeit nach Buna-Monowitz abkommandiert worden war, lebte im Durchschnitt nur noch etwa drei Monate lang.
Für alle Häftlinge stand der Alltag unter der unmittelbaren Drohung, ermordet zu werden. Diese ging nicht nur von der SS aus, sondern ebenso von den Mitarbeitern der I.G. Farben, deren Werk hier „I.G. Auschwitz“ hieß. Häftlinge, die als nicht mehr „arbeitsfähig“ beurteilt wurden, schickten die SS-Ärzte zur Ermordung in die Gaskammern im Vernichtungslager Birkenau. Schwache Häftlinge waren ständig in Gefahr, einer Selektion zum Opfer zu fallen.
Ausstellung dazu in der VHS Trier
Die Ausstellung zeichnet Entstehung, Alltag und Auflösung des KZ Buna-Monowitz nach. Historische Fotographien, die anlässlich eines Besuches von Heinrich Himmler, dem Reichsführer SS, am 17. und 18. Juli 1942 gemacht wurden, dokumentieren die Perspektive von SS und I.G. Farben. Sie werden kontrastiert mit autobiographischen Texten von überlebenden Häftlingen, darunter Primo Levi, Jean Améry und Elie Wiesel, sowie Aussagen von Überlebenden in den Nachkriegsprozessen. Informationen zu den Gerichtsverfahren und den Bemühungen der Überlebenden um Entschädigung nach 1945 ergänzen die Ausstellung, die als Wanderausstellung konzipiert ist.
Die Ausstellung geht ursprünglich zurück auf eine Präsentation von Dokumenten und Passagen aus der literarischen Überlieferung von Überlebenden, die anlässlich des weltweiten Treffens der ehemaligen Häftlinge des KZ Buna-Monowitz im Oktober 1998 gezeigt wurde. Dieses Treffen der Überlebenden fand im früheren Verwaltungsgebäude der I.G. Farben auf dem heutigen Campus Westend der Goethe-Universität in Frankfurt am Main statt und war das erste seit 1945. Die Überlebenden formulierten den Wunsch, dass auf dem Gelände des I.G. Farben-Hauses ein Erinnerungsort für das KZ Buna-Monowitz, ihre ermordeten Kamerad:innen und für den Kampf um Entschädigung entstehen sollte. Diese Initiative gab den Anstoß für das Wollheim-Memorial und die Benennung des Platzes vor dem I.G. Farben-Haus nach Norbert Wollheim. Er hatte für den Konzern in Buna-Monowitz Zwangsarbeit leisten müssen und verklagte die I.G. Farbenindustrie AG in Liquidation in den 1950er Jahren – mit Erfolg! Das Unternehmen musste Entschädigungszahlungen an ehemalige Häftlinge entrichten musste. Die Ausstellung wurde 2018 überarbeitet und neu gestaltet.
Diese Gedenkausstellung zum 27. Januar 2021 ist ein Gemeinschaftsprojekt der Forschungs- und Dokumentationsstelle SEAL (Universität Trier), der AG Frieden, der Volkshochschule Trier, der Katholischen Hochschulgemeinde und der Evangelischen Studentinnen- und Studentengemeinde Trier.
Die Ausstellung kann vom 16. Januar bis zum 28. Februar 2023 in der Volkshochschule am Domfreihof von Montag bis Samstag während den Öffnungszeiten der Bücherei besucht werden.
Begleitprogramm
Die Hochschulgemeinden werden am 27. Januar 2023 aus Anlass des Gedenktages wie in den Vorjahren einen Ökumenischen Gottesdienst anbieten. Dieser wird um 15.00 Uhr in der VHS Raum Beletage stattfinden. Zudem ist eine öffentliche „Kennkarten-Aktion“ zum Gedenktag für NS-Opfer geplant. Die AGF zeigt zudem mit der VHS am Do, dem 9. Februar 2023, um 18.30 Uhr, den Film „Atempause“. Das Drama aus dem Jahr 1997 von Francesco Rosi zeigt die Befreiung Primo Levis und der letzten Überlebenden aus dem KZ Auschwitz. Für ihn und für einige seiner Kamerad:innen beginnt ein langer Weg zurück ins Leben, eine neun Monate dauernde Odyssee durch das vom Krieg gezeichnete Europa zurück nach Turin. Aus Anlass des Nationalen Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus lädt die AGF am 29. Januar 2023 zu einem „Rundgang gegen das Vergessen“ um 11 Uhr, Start: Neue Synagoge Trier ein. Bitte die Ankündigungen in der Tagespresse beachten sowie auf unsere Webseite schauen: www.agf-trier.de