04.05.2017 Donnerstag | AG Frieden

Und was ist das Problem mit der Bundeswehr? 2. Der Werbefeldzug der Bundeswehr 2.0

Rekrutierung auch von Minderjährigen

Die Bundeswehr hat schon länger Nachwuchsmangel – ein Grund: die deutsche Bevölkerung ist militär­skeptisch und bleibt es trotz millionenteurer Werbung. Die jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Kriegsfolgen, mit Leid und Schuld zeigen demnach Erfolg. Regelmäßig sind in Umfragen hohe Ablehnungsquoten von 80 Prozent gegen Waffenexporte und Auslandseinsätze zu verzeichnen.

Die Bundeswehr will ihren Etat für Rekrutierungs­werbung von 85 Mio. Euro auf über 100 Mio. Euro erweitern hiesst es Ende 2016. Neben der „Armutsrekrutierung“ werden zunehmend auch Fachkräfte und Akademiker gesucht und es sollen laut Weißbuch bald auch „EU-Ausländer“ rekrutiert werden. Entgegen der UN-Kinderrechts­konvention werden weiterhin Minderjährige rekrutiert: 2016 waren es mit 1576 17-jährigen Jungen und Mädchen, die eine militärische Ausbildung an der Waffe erhielten, ein Höchstwert gegen den Kinderrechts- und Friedensgruppen protestieren (www.schulfrei-für-die-bundeswehr.de).

Werbung für Abenteuer  statt Tod und Traumatisierung

Besonders in Jugendmedien und an Schulen wirbt die Bundeswehr um Nachwuchs. Sie locken mit guten Gehältern, festem Job, kostenlosem Studium und anderen Vergünstigungen. Risiken wie Trauma, Tod oder Verwundung werden in Schulvorträgen, Werbespots und Materialien der Bundeswehr gar nicht oder nur am Rande erwähnt. Werbeaktionen wie die Bundeswehr-Adventure-Games oder BW-Beachen betonen statt­dessen Abenteuer, Spaß, Sport und Teamarbeit, reale Einsatzbilder und die Sinnfrage fehlen oft komplett. Die systematische PR-Strategie wurde ausgeweitet und verfeinert: Die Selbstinszenierung des Multimedia-Auftritts der Bundeswehr lautet „Wir.Dienen.Deutschland.“ oder „Mach was, was wirklich zählt“, dabei werden auch IT-Spezialisten angesprochen und zivilen Berufe der Bundeswehr beworben, es gab viele Reaktionen, so unter machwaszaehlt.de eine kritische Persiflage.

Auch in Trier finden regelmäßig Besuche von Jugendoffizieren und Wehrdienstberater an Schulen statt, sie werben für eine Karriere bei der Bundeswehr und präsentieren den Beruf des Soldaten als ganz normalen Job. Bundeswehr-Infotrucks stehen in Schulhöfen und auf öffentlichen Plätzen. Die Arbeitsagentur und Berufsmessen in Trier lassen die Bundes­wehr – ebenso wie großflächige Werbetafeln vor Schulen – für den Kriegsdienst werben. 2016 warb die Bundeswehr am „Tag der Bundes­wehr“ auch Kinder mit Waffentechnik für die Armee und lockte Tausende u.a. zur wehrtechnischen Dienstelle Trier. 2017 ist ein öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr in der Trierer Innenstadt geplant.

Alternative: Lernen für den Frieden

Was ist die Kritik am Werbefeldzug der Bundeswehr? Was bedeutet diese „Normalisierung des Militärischen“? Wie wirken sich die Kooperationsvereinbarung der Bundeswehr mit den Kultusministerien wie in Rheinland-Pfalz aus? Wie stark sind Militär und Rüstungsindustrie in Bildung und (Hoch)schulen  präsent und finanzieren auch Forschung und Lehre? Welche Strategien gegen die Rekrutierung junger Menschen werden in Kinder- und Menschenrechts- sowie Friedensgruppen diskutiert? Wie kann dagegen ein ‚Lernen für den Frieden‘ aussehen?

Referent: Michael Schulze von Glaßer (Buchautor aus Kassel, engagiert in der Deutschen Frie­densgesellschaft Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen und Informations­stelle Militarisierung).