25.04.2017 Dienstag | AG Frieden

Und was ist das Problem mit der Bundeswehr? 1. Das neue Weißbuch

Das neue Weißbuch der Bundeswehr – Kriegslogik statt Friedenspolitik. Analyse und Kritik eines besorgniserregenden Dokuments sowie Perspektiven für die Friedensbewegung mit Refernetin Jaqueline Andres (Beirat Informationsstelle Militarisierung Tübingen). Vortrag im FuZ Trier.

Neues Weißbuch der Bundeswehr veröffentlicht

2016 wurde das neue Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr veröffent­licht und löste das von 2006 ab. Das Bundeskabinett verabschiedete das Richtlinienpapier am 13.7.2016 in dem „Deutschland als zentraler Akteur in Europa“ definiert wird. Deutschland stehe aufgrund seiner wirt­schaftlichen, politischen und militärischen Bedeutung und angesichts seiner Verwundbarkeit in der Verantwortung, die globale Ordnung aktiv mitzugestalten: „Deutschlands sicherheitspolitischer Horizont ist global.“ Zu den Interessen gehören der „Wohlstand unserer Bürgerinnen und Bürger durch Prosperität unserer Wirtschaft und freien sowie ungehinderten Welthandel.“ Damit führt das Weißbuch die Linie fort, die Bundespräsident Gauck, Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU) und Außenminister Steinmeier (SPD) 2014 auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgaben: Deutschland müsse mehr Verantwortung in der Welt übernehmen – auch militärisch. Die Bundeswehr soll zudem auf Einsätze gegen „unkontrollierte und irreguläre Migration“, gegen Cyberkrieg und bei groß angelegten Terroranschlägen im Inland zusammen mit der Polizei vorbereitet werden. Es geht um „Zivil-Militärische-Zusammenarbeit“ im Rahmen des „Vernetzten Ansatzes“ und Fähigkeiten zum hybriden Kriegseinsatz.

PR-Strategie für Aufrüstung und Krieg

Die Linke kritisierte die Vermischung von Militärischem und Zivilem und lehnt das Weissbuch das „für Aufrüstung und Krieg“ stehe als Teil einer PR-Strategie ab. Die Grünen lehnten die Aufwertung des intransparenten Bundessicherheitsrates ab, der für immer mehr deutsche Waffenexporte verantwortlich ist. Zudem sei das Weißbuch auch ohne UNO-Mandat vorgesehene Entsenden deutscher Truppen in Krisengebiete verfassungswidrig. Die SPD kritisierte dagegen, dass die Verteidigungs­ausgaben auch in Zukunft hinter den Nato-Zielen zurückbleiben. An ihrem Widerstand scheiterte aber auch die geplante Grundgesetz­änderung zur weiteren Ausweitung des Einsatzes im Innern. Den kritischen Soldaten vom Darmstädter Signal fehlt eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft (www.weissbuch.org). Der Bundeswehrverband will keine Staatsangehörige von EU-Mitgliedsstaaten als Soldaten, auch wenn dies Rekrutierungsprobleme reduzieren soll.

Ethische Reflexionen fehlen

Die Friedensbewegung warnt vor der schleichenden Veränderung der Rolle der Bundeswehr für Kriegs­einsätze, spricht von einer sicherheitspolitischen Zeitenwende: Kritisiert wird auch der Einsatz gegen illegale Grenzübertritte sowie die dramatische Aufrüstung und die Anschaffung neuer, völker­rechtswidriger Waffen und eine antidemokratische Militarisierung der Gesellschaft. Es fehlen ethische Reflexionen und die Bilanzierung bisheriger Kriegseinsätze. Andererseits sei das Weißbuch„Sprachlicher Verpackungsmüll“ und ein „Dokument der Ratlosigkeit“.

Was ist dran an der Kritik, was steht im Grundlagenpapier der Armee und was bedeutet es tatsächlich – auch im Kontext von EU und NATO sowie USA und angesichts der Konfrontation gegenüber Russland?
Ist es nur ein schlechter „PR-Coup“ und eine „Diskussions-Farce“ und damit auch eine Chance für die Friedensbewegung? Wie sähe ein Weißbuch deutscher Friedenspolitik aus?

Referentin:  Jacqueline Andres  (Beirat Informationsstelle Militarisierung Tübingen)