Die Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier und Beate Klarsfeld sind übereingekommen die Veranstaltung am Freitag 11. November 2022 in Trier abzusagen.
Diese Absage fällt uns, der AG Frieden, nicht leicht. Wir haben Frau Klarsfeld um eine Erläuterung gebeten, uns mit Fachleuten und Kooperationspartnern beraten und sind schließlich zu diesem Entschluss gekommen.
Hintergrund ist, dass wir mit großem Erstaunen und Unverständnis zur Kenntnis nehmen mussten, dass das Ehepaar Beate und Serge Klarsfeld aus der Hand von Louis Aliot, dem Bürgermeister von Perpignan und führendem Mitglied des in Rassemblement National (RN) umbenannten „Front National“, die „Medaille der Stadt“ entgegen genommen haben. Begründet haben die Klarsfelds Ihre Entscheidung, dass Aliot sich vom Antisemitismus distanziert habe, auch Gedenkveranstaltungen zur Shoah besuche. Dies sei der Beleg dafür, dass sich Aliot geändert und als gemäßigter Rechtsextremist / Rechtspopulist zu unterstützen sei.
Das rechtsextreme Rassemblement National (RN), dessen Vorsitz Aliot in einem innerparteilichen Machtkampf anstrebt, vertritt nach wie vor (kultur-)rassistische, antidemokratische und an Ethnie, geographischer Herkunft und Religion geknüpfte exkludierende Positionen. Die Vorgängerpartei Front National (FN) war von von ehemaligen Waffen-SS-Mitgliedern gegründet worden. Im Mai 2022 hatte das Ehepaar Klarsfeld und Sohn Arno Klarsfeld vor der Stichwahlrunde der Präsidentenwahlen noch einen Text veröffentlicht „Nein zu Le Pen, Tochter des Rassismus und des Antisemitismus“(…) „Lassen wir uns nicht täuschen, sie (Marine Le Pen) hat sich nicht verändert.“
Für uns als AGF ist die Entscheidung der Klarsfelds, aus den Händen Louis Aliots die Medaille der Stadt Perpignan entgegen zu nehmen, ausgesprochen problematisch. Dies trägt zur Legitimierung der rechtsextremen Partei und Ihrer menschenverachtenden Positionen bei. Als AG Frieden treten wir für die Unteilbarkeit von Menschenrechten ein, und wollen dies auch zukünftig so halten.
In einer langen Diskussion ist uns klar geworden, dass wir das Veranstaltungsziel – die Sensibilisierung von jungen Menschen für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Stereotype sowie rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien – mit großer Wahrscheinlichkeit nicht werden umsetzen können.
Das von uns sehr geschätztes Engagement der Klarsfelds was zur Inhaftnahme nationalsozialistischer Täter, unter anderem von Klaus Barbie führte, würde in der Diskussion um die umstrittene und für uns nicht akzeptable Annahme der Auszeichnung in Perpignan überlagert und relativiert werden.
Zudem denken wir, dass so ein diffiziles und komplexes Thema, nämlich die Annahme einer Auszeichnung aus der Hand eines führenden RN-Mitglieds, in einer vor allem für Schüler*innen konzipierten Veranstaltung inhaltlich nicht angemessen zu behandeln ist. Unsere Überzeugungen wie ein Kampf gegen die Neue Rechte geführt werden muss, würden so konterkariert. Prof. Claus Leggewie kommentierte das in der Taz so: „Klarsfelds Manöver ist auch deshalb riskant, weil er eine Banalisierung der Erinnerung an den Holocaust mitmacht, die in den Mündern strammer Rechter zu kostenlosen Lippenbekenntnissen geworden ist. Bei allem Respekt sollte er nicht Ehrenbürger Perpignans bleiben.“
Wir haben uns daher entschieden, die Veranstaltung mit Beate Klarsfeld in Trier abzusagen.
i. A. von Vorstand und Arbeitskreis „Trier im Nationalsozialismus“ der Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. Trier
Markus Pflüger
Deutsche Medienberichte zum Thema:
- Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ 18.10.2022: Machen zwei Nazi-Jäger Le Pens Partei salonfähig?: www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/machen-zwei-nazi-j%C3%A4ger-le-pens-partei-salonf%C3%A4hig/ar-AA136Tta
- Süddeutsche Zeitung 25.10.2022: Nazijäger: Warum nehmen die Klarsfelds Preis von Rechtsextremisten an? (Für Abonennten bzw Zahlungspflichtig)
- Tageszeitung taz 27.10.2022: Preisverleihung in Frankreich: Riskante Ehrung. Serge und Beate Klarsfeld durch Rechte geehrt: taz.de/Preisverleihung-in-Frankreich/!5886979/
- Jüdische Allgemeine 30.10.2022: Umstrittene Auszeichnung. Klarsfeld nimmt die Ehrung eines Rechtspopulisten an. Jüdische Historiker kritisieren ihn dafür: www.juedische-allgemeine.de/juedische-welt/umstrittene-auszeichnung/