Der Arbeitskreis „Trier in der NS-Zeit“ veranstaltete auch in diesem Jahr anlässlich des Internationalen Tags des Gedenkens an die Opfer des Holocausts am 27.01. einen öffentlichen Rundgang durch Trier. Mit dabei waren diesmal 50 Teilnehmer:innen. Der Rundgang war eingebettet in das Begleitprogramm rund um den 27.01.
„Jedes Mal, wenn ich in Trier an dem kleinen Kofferdenkmal am Rindertanzplatz vorbeigehe, denke ich daran, dass dieser Wahnsinn nicht nur in Berlin und München, sondern auch in Trier stattgefunden hat.“ Mit diesen Worten beschrieb eine Teilnehmerin des Stadtrundgangs „Von Trier nach Auschwitz“ ihre Motivation, in eisiger Kälte bei diesem Gedenkgang mitzuwirken. Sie war nicht die Einzige. Fünfzig Frauen und Männer waren der Einladung der Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. (AGF) gefolgt. Deren Arbeitskreis „Trier im Nationalsozialismus“ prägt seit fast vierzig Jahren die Erinnerungskultur in Trier.
Katharina Dietze, die neue Bildungsreferentin der AGF, fand bei ihrer Begrüßung an der Synagoge klare Worte: Im Angesicht von aktuellem Rassismus, Judenhass und Geschichtsklitterung von AfD und Neonazis, sei ein Blick zurück wichtig, um zu erinnern, wohin Ausgrenzung und Verfolgung in Deutschland geführt hatten. Exemplarisch vorgestellt wurden der Auschwitz-Überlebende Dr. Heinz Kahn und die ermordete Familie Kallmann (von Ulrich Dann), die jüdische Familie Schneider (von Thomas Zuche) und die Sinti-Familie Pfeil (von Anett Müller). Toni Schneider berichtete über die Diskriminierung der Sinti und Roma nach 1945, bevor Anett Müller die Entrechtung und Verschleppung der jüdischen Nazi-Opfer schilderte. Station machte die Führung an mehreren Stolpersteinen, dem Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma am Bischof-Stein-Platz sowie am Kofferdenkmal am Rindertanzplatz. So erfuhren die Teilnehmer:innen mehr über die Vorgänge in der Moselstadt in der Zeit zwischen der Machtübergabe an Hitler (1933) und der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945.
„Hier bekomme ich richtige Informationen, die meine Eltern und Großeltern mir nicht vermitteln konnten oder wollten“, resümiert Gerda Weber (75). Renske van Reijendam (38) war beeindruckt von der Würde, der Ruhe und dem Ernst, mit dem die Stolpersteine und Gedenkstätten mit einem Stein oder einer brennenden Kerze drapiert wurden. „So war wirkliches Gedenken erlebbar.“
Dass sich so viele Menschen an einem kalten Januartag auf den Weg machten, mit fünf engagierten StattFührer:innen der Geschichte und der Gegenwart in Trier nachzuspüren, das nannte eine ältere Dame anschließend „ein wirkliches „Hoffnungszeichen.“
Bei diesem Stadtrundgang standen die Opfer an ihrem bundesweiten Gedenktag im Vordergrund. Exemplarisch für die Täter nannte Thomas Zuche den SS-Mann Johann Gorges aus dem Trierer Umland, der als Führer des Krematoriums IV in Auschwitz-Birkenau seine Beförderung zum Unterscharführer 1944 mit einem feucht-fröhlichen Gelage im Krematorium gefeiert hatte.
Zum Schluss wurde das Gedicht von Gerty Spies über „der Unschuldigen Schuld“ vorgetragen. Sie beginne dort, wo man sagt: „Da kann man nichts machen!“
Das, so Anett Müller, sei so aktuell wie nie zuvor. Der Stadtrundgang endete mit anhaltendem Applaus.