09.05.2023 | AG Frieden

Friedensgesellschaft warnt vor Militarisierung der Universitäten

Angesichts der immer schlechteren finanziellen Ausstattung des Bildungsbereichs auf der einen und dem Milliarden-Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung für das Militär auf der anderen Seite, warnt die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) vor einer Militarisierung von Universitäten und Hochschulen: Bestehende Zivilklauseln seien in Gefahr. Zum Auftakt der Hochschulrektorenkonferenz in Trier gab es deswegen Proteste.

„Seit der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen militärischen ‚Zeitenwende‘ erleben wir zunehmend Angriffe auf Zivilklauseln“, konstatiert Chris Hüppmeier, Student an der Universität Kassel und im bundesweiten Netzwerk für friedliche Forschung aktiv. Zivilklauseln sind Selbstverpflichtungen von Universitäten und Hochschulen, Forschung und Lehre nur zu friedlichen und zivilen Zwecken zuzulassen – Militärforschung ist damit ausgeschlossen. „Bundesweit haben etwa 70 Bildungseinrichtungen eine Zivilklausel“, erklärt Hüppmeier, der auch Mitglied der DFG-VK ist.

Die ausgerufene Zeitenwende der Bundesregierung soll auch als eine wissenschaftspolitische Zeitenwende wirken: Das 100 Milliarden Euro „Sondervermögen“ für die Bundeswehr führt aktuell zu einem enormen Aufschwung der Militärindustrie. Rüstungsunternehmen investieren in die Entwicklung neuer Waffen und wollen über so genannte Drittmittelprojekte auch zivile Universitäten und Hochschulen einbinden. Damit wollen sie Zugang zu für sie wichtigen Forschungs- und Innovationspotentialen bekommen. „Einige Unis stellen ihre Zivilklauseln daher nun in Frage und wollen sich dem Militär öffnen“, so Chris Hüppmeier, und weiter: „Sie vergessen dabei, dass Militärforschung meistens geheim ist und Forschungsergebnisse, auch wenn sie teilweise mit öffentlichen Geldern an zivilen Hochschulen erlangt wurden, nur den Rüstungsfirmen zur Verfügung stehen: Das ist intransparent, undemokratisch und öffnet Tür und Tor für eine Militarisierung der Unis“, so der Kasseler Student.

Für den Erhalt der bestehenden Zivilklauseln – und eine Ausweitung auf weitere Einrichtungen – gab es am späten Montagnachmittag (8. Mai 2023) eine Protestaktion in der Innenstadt von Trier. Dort fand die Auftaktveranstaltung der Jahres- und Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) statt. Die HRK ist ein Zusammenschluss von 269 deutschen Universitäten und Hochschulen, an denen mehr als 90 Prozent aller Studierenden in Deutschland immatrikuliert sind. Dazu Katharina Dietze von der Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier: „Die Konferenz bietet den Uni-Vorständen Raum für Absprachen – wir fürchten sie könnten auch über die gemeinsame Abschaffung der Zivilklauseln sprechen.“ Aktuell wolle keine Universität die erste sein, die die Klausel kippt, so Dietze: „Die Zivilklauseln wurden in den letzten Jahrzehnten hart erkämpft und sind ein großer Fortschritt: Forschung muss der Menschheit dienen und nicht den Interessen der Rüstungsindustrie oder des Militärs, um noch effizienter Kriege führen zu können.“ Rund fünfzehn Studierende und Friedensaktivist*innen empfingen die Universitäts- und Hochschulleitungen und auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei der HRK mit Transparenten und Schildern: „Zivilklauseln erhalten!“, war darauf in großen Lettern zu lesen.

Für Interviews oder bei Nachfragen nehmen Sie bitte Kontakt auf:
Chris Hüppmeier, +4915236376696
Katharina Dietze, buero@agf-trier.de
Michael Schulze von Glaßer (politischer Geschäftsführer der DFG-VK), svg@dfg-vk.de, +4917623575236