14.11.2019 | Arbeitskreise & Projektgruppen

Rundgangbericht: Die Täter wohnten nebenan

Am Abend des 30. Oktobers 2019 fand ein besonderer Rundgang durch Trier statt. 32 ZuhörerInnen versammelten sich am Augustinerhof vor dem Stadttheater, um den Ausführungen eines dreiköpfigen Teams des Arbeitskreises „Trier im Nationalsozialismus“ über Nazi-Täter und ihre Trierer Wurzeln zu folgen. Bericht über eine Veranstaltung der AGF in Kooperation mit der Heinrich Böll Stiftung RLP.

An der ersten Station vor dem Rathaus der Stadt wurde über Hans Globke gesprochen. Am Ende der 40er-Jahre wäre er, der später als Mann hinter Adenauer galt, fast Bürgermeister von Trier geworden.

(Foto von Hans Globke, der auch an den Nürnberger Rassegesetzen mitgewirkt hatte, links)

Die Lebensgeschichte der Hermeskeilerin Käthe Eiden wurde am Augustinerhof verlesen, die als BDM-Führerin des Ringes Trier-Land-Ost unter anderem hier tätig war. Grundlage ihrer Biografie bildeten ihre persönlichen Ausführungen für einen nationalsozialistischen Wettbewerb aus dem Jahr 1934.

(Buchtipp: „Warum ich Nazi wurde“ – Biogramme früher Nationalsozialisten Herausgeber: Wieland Giebel ISBN: 978-3-95723-129-1 September 2018 930 S. 49,95€)

Im „Braunen Haus“ der Stadt wirkte Paul Wipper. Er galt als ein begnadeter Redner und Poet – in den 30er- und 40er-Jahren für die Hitlerbewegung, in den 80er- und 90er-Jahren für die Friedensbewegung. Er wurde später Mitglied der AGF. Ob er seine Taten jedoch tatsächlich bereut hatte, werden wir nie erfahren können.

Galten einfache ZuschauerInnen auch als TäterInnen im Nationalsozialismus? Dieser Frage wurde in der Brotstraße nachgegangen, wo die Geschehnisse der Reichspogromnacht in Trier am Beispiel des Geschäfts für Kurzwaren der Jüdin Helene Vasen erläutert wurden.

Auch bekannt als „Schlächter von Lyon“ war Klaus Barbie – Schüler des Bischöflichen Konvikts am Bischof-Stein-Platz und des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums. Er galt als populärster Täter des Rundgangs.

Als ein Beamter, der vielleicht nur seine Pflicht getan hatte, galt Peter Poschen. Als Obergerichtsvollzieher war er im Bischof-Korum-Haus tätig. Im Rahmen der Entnazifizierung wurde er um eine Gehaltsstufe zurückversetzt, konnte seiner Tätigkeit aber weiterhin nachgehen.

„Es gibt Ungeheuer, aber es sind zu wenige, als dass sie wirklich gefährlich werden könnten. Wer gefährlicher ist, das sind die normalen Menschen.“ Dieses Zitat Primo Levis spiegelt unserer Meinung nach ebenso die Situation in unserer Stadt wider: Pflichtbewusste Beamte, Massenmörder, Schreibtischtäter, glühende Anhänger des Nazi-Regimes, aber auch Zuschauerinnen und Zuschauer von Unrecht und Gewalt haben mitgemacht und waren am Schicksal der Vielen zu Unrecht Verfolgten beteiligt. Damals wie heute können wir Täterinnen und Täter nicht an ihrem Äußeren erkennen. Die Intention der Arbeitsgruppe besteht darin aufzuwecken und Mut zu machen, sich für die Verteidigung unserer Freiheit, unserer Demokratie und gegen Nazis, Rechtsradikale, Antisemiten, Islamhasser oder Flüchtlingsfeinde einzusetzen.

Bericht von Petra Gouverneur über eine Veranstaltung der AGF in Kooperation mit der Heinrich Böll Stiftung RLP.