Die AGF-Rede auf der Kundgebung „Nie wieder ist jetzt – Für eine offene und solidarische Gesellschaft“ zum Nachlesen.
Porta Nigra Vorplatz (15.02.2025, 16:40 Uhr)
Liebe Unentwegte,
ist Euch der Name Heinrich Wetzstein oder Friedrich Thierry schon einmal in Trier begegnet? An die beiden erinnern Stolpersteine in der Seitzstraße. Ich komme darauf zurück.
Ich bin Thomas Zuche und aktiv im Arbeitskreis „Trier im Nationalsozialismus“ der AGF. Der Kern unserer Gedenkarbeit sind „Rundgänge gegen das Vergessen“ unter dem Label „StattFührer“. Im letzten Jahr waren es 35, die meisten für Schüler:innen.
Manche fragen uns: Warum erinnert ihr an Ereignisse, die „ewig“ lang her sind?
Der jüdische Auschwitz-Überlebende Primo Levi hat das einmal so beantwortet: „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen. Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.“
Damals hat eine Politik der Spaltung und der Ausgrenzung von Minderheiten, die Abschaffung von Meinungsfreiheit und die Gleichschaltung der Justiz zur Diktatur und am Ende sogar zu Krieg und Massenmord geführt.
Heute erleben wir wieder Hass und Gewalt. Gegen Jüdinnen und Juden, gegen Muslime, Menschen mit Beeinträchtigungen, gegen Sinti und Roma, Schwarze Frauen und Männer sowie gegen Geflüchtete. Und wir erleben auch Gewalt durch Geflüchtete, gerade vorgestern. Beides vertieft die Spaltung unserer Gesellschaft. Davon profitieren die Extremisten auf allen Seiten.
Die Rechtsextremisten und neuen Nazis in Deutschland laufen Sturm gegen das Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus. Alice Weidel redet von „Schuldkult“. Der Ehrenvorsitzende der AfD, Alexander Gauland, nannte die Nazi-Zeit einen „Vogelschiss“ in der langen und ruhmreichen deutschen Geschichte. Björn Höcke, spricht von „erbärmlicher Bewältigung“ der deutschen Geschichte. Frau Dr. Weidel sagt sogar, Hitler sei Kommunist gewesen…
Eine Verhöhnung von zehntausenden Kommunist:innen, die von den Nazis in KZs und Vernichtungslager verschleppt und ermordet wurden.
Ermordet wurden auch Heinrich Wetzstein und Friedrich Thierry. An sie erinnern in der Trierer Seitzstraße Stolpersteine. Einige Meter entfernt befindet sich die Geschäftsstelle der CDU, einer Partei, die mit dem BSW und Teilen der FDP, vor allem aber mit den Stimmen der AfD eine drastische Verschärfung der Asylpolitik im Deutschen Bundestag durchbringen wollte.
Nur wenige Stunden vor der Abstimmung über den CDU-Antrag hatten die Bundestagsabgeordneten am 27. Januar (ohne Frau Weidel) der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.
Friedrich Merz hat betont, es ginge ihm dabei nur um Lösungen in der Asylpolitik.
Aber geht das mit einer Partei, die seit Jahren kübelweise Hass und Hetze über Migrant:innen ausschüttet? Nur ein Beispiel: 2017 wollte ein Abgeordneter der AfD im sächsischen Landtag wissen, was es kosten würde, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu sterilisieren. (Der Fragesteller ist heute übrigens 2. Vizepräsident des Landtags).
Liebe Zuhörer:innen, gerade überschlagen sich die schlimmen Nachrichten aus Deutschland und der Welt. Fast alle Horrorszenarien scheinen denkbar.
„Aber in einer Welt, in der wir uns alles vorstellen können, sollten wir nicht vergessen, uns eine bessere Welt vorzustellen. Denn das, was wir erträumen können, danach können wir auch greifen.“ (nach Mirriane Mahr in: taz v. 25.-31.01.2025).
Meine Bitte an Euch: Lasst uns aus der Geschichte lernen. Lasst uns von einer besseren, solidarischen Welt träumen und dafür kämpfen.
Vielen Dank!
Thomas Zuche