28.01.2022 | Arbeitskreise & Projektgruppen

Russland- Ukraine: Auch „der Westen“ trägt eine Verantwortung, die Situation zu deeskalieren.

Leserbrief zum Truppenaufmarsch an der russisch-ukrainischen Grenze und der NATO-Osterweiterung sowie der von Gorbatschow aufgestellten roten Linie, Ein Appell für Diplomatie und Verständigung. Zudem eine aktuelle Petition Gemeinsame Sicherheit in Europa gibt es nur mit Russland!

Danke für das sehr gute Interview mit Prof. Böttcher (TV v. 13.01.2022)!*

Wir sehen mit großer Besorgnis den Truppenaufmarsch an der russisch-ukrainischen Grenze. In Gebieten der Ostukraine herrscht schon seit Jahren Krieg – mit bislang mindestens 13.000 Toten. Nun droht eine direkte militärische Auseinandersetzung. Die Schuldzuweisungen der meisten Politiker*innen und Medien sind eindeutig: Präsident Putin ist der Aggressor, denn er hat Teile der russischen Armee für eine Invasion der Ukraine zusammengezogen. Oder er droht zumindest damit, um russische Interessen durchzusetzen. Die Ukraine, der Westen sind im Lager der Guten.

Tatsächlich sehen wir keinen Grund, die militärischen Drohgebärden Russlands reinzuwaschen. Aber auch „der Westen“ trägt eine Verantwortung, die Situation zu deeskalieren. Zu oft sind die NATO und vor allem die USA arrogant und achtlos über die ebenfalls legitimen Sicherheits­interessen Russlands hinweggegangen.

Stehen nicht die Versprechungen des damaligen US-Außenministers Baker und der Bundesregierung Kohl/Genscher im Raum, die NATO werde nicht an die Grenze der damaligen Sowjetunion expandieren?
Wir gestehen Israel zurecht ein Selbstverteidigungsinteresse zu, das auch auf historischen Traumata beruht. Müsste das nicht auch für Russland gelten, in dem Abermillionen Menschen durch den deutschen Überfall im Zweiten Weltkrieg getötet wurden? Tatsächlich gilt es aber auch für die Ukraine, die etwa acht Millionen Tote durch die Deutschen beklagt. In dieser Situation sind wir gegen deutsche Waffenlieferungen an die Regierung in Kiew. Sie würden den gefährlichen Konflikt anheizen.

Krieg mitten in Europa? Wir appellieren an alle Politiker*innen guten Willens, einfallsreich und kreativ die Instrumente der Diplomatie einzusetzen, um eine tragfähige Lösung zu finden, die die Sicherheitsinteressen aller Seiten wahrt.
In einem Krieg würden alle verlieren!

Thomas Zuche und Markus Pflüger
Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V.

 

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Aktuell: Krieg droht – werde aktiv!

Start Petition + Infos zu Aktivitäten der Friedensbewegung (Stand 08.02.2022):

es droht eine militärische Eskalation des Ukraine-Konflikts. Selbst eine größere Konfrontation zwischen NATO und Russland ist nicht auszuschließen. Die aktuelle Situation droht zu einem größeren Krieg in Europa auszubrechen. Tägliche Meldungen über Manöver, Truppenverlegungen oder Forderungen nach Waffenlieferungen zeugen vom Ernst der Lage. Nun schickt Deutschland sogar Soldaten nach Litauen, um die „NATO-Ostflanke“ zu stärken. Die Lage ist ernst, die Friedensbewegung wird aktiv!

 

Zum Weiterlesen und schauen:

Russland, die Ukraine und der Westen  Wege aus der Konfrontation, kurzfristig und auf längere Sicht 19. Januar 2022  von Andreas Zumach: https://extradienst.net/2022/01/19/russland-die-ukraine-und-der-westen/

Aufruf zur Verbesserung der Beziehungen zu Russland: https://www.gsp-sipo.de/news/news-details/aufruf-zur-verbesserung-der-beziehungen-zu-russland

Belege und Zeug:innen für die 1990 gemachten Zusagen an Gorbatschow, die NATO nicht nach Osten zu erweitern sowie die Irreführung von Jelzin in den Jahren 1991-96 unter diesen Links:

  • https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early
  • https://www.spiegel.de/politik/absurde-vorstellung-a-a18a7cab-0002-0001-0000-000067871653
  • https://www.zeit.de/2019/26/nato-osterweiterung-russland-horst-teltschik-william-burns

* Ausschnitt aus dem Interview mit Prof Böttcher, Quelle. https://www.volksfreund.de/region/rheinland-pfalz/interview-mit-winfried-boettcher-zur-ukraine-krise-usa-vs-russland_aid-65183419:

(…)

Was wäre aus Ihrer Sicht die beste Lösung des Ukraine-Konflikts?

Prof. Winfried Böttcher: „Im Interesse aller beteiligten oder unmittelbar betroffenen Akteure kann der Konflikt nur im politischen Dialog gelöst werden, einem Dialog der Übereinstimmung – statt wie bisher der Gegensätze. Wenn man Politik als die Kunst versteht, das Notwendige möglich zu machen, wie es Kardinal Richelieu einst formulierte, dann ist es notwendig , dass:

1. Russland seine Truppen abzieht und aufhört, die Ukraine zu destabilisieren;

2. die NATO auf die Aufnahme in das Bündnis verzichtet, da ein Beitritt der Ukraine kein Zugewinn für die Sicherheit für die NATO ist, wohl aber eine Bedrohung für Russland;

3. die Ukraine zurückkehrt zu der Erklärung einer immerwährenden Neutralität und damit Russland den Boden entzieht für jegliche Intervention;

4. die Ukraine eine föderale Verfassungsreform durchführt mit dem Kernstück einer weitestgehenden Autonomie der Regionen. Nur so kann die territoriale Unversehrtheit der Nation gewahrt werden;

5. die sogenannten Volksrepubliken gleichberechtigt einbezogen werden in eine Neuordnung der Ukraine, denn sie werden weder mit gutem Willen überredet noch mit Gewalt gezwungen werden, sich in die vorfindliche Ukraine einzugliedern; also bleibt nur die Lösung einer Neuordnung der Ukraine.

6. Russland, die USA, und die EU garantieren die Neutralität und territoriale Integrität der Ukraine; der Lackmus-Test dafür, ob das Verhältnis des Westens zu Russland für alle Zeit auf eine strategische Partnerschaft aufgebaut werden kann, geprägt von Respekt, Augenhöhe und Vertrauen; auch wäre es der Lackmustest dafür, wie ernst es Russland mit einer Lösung des Konflikts in diesem Sinne wäre.“(…)