21.07.2021 | Arbeitskreise & Projektgruppen

„Klimawandel erhöht Atomkriegsgefahr“ – zwei Leserbriefe!

Zum Leserbrief im Trierischen Volksfreund vom 10. Juli, Seite 33 mit dem Titel „Atomwaffen haben Kriege verhindert.“haben zwei AGFler Leserbriefe geschrieben, die ich mit ihrer Zustimmung hier veröffentlichen darf, sie wurden am 21.07.2021 im Volksfreund veröffentlicht.

Leserbrief von Prof. Dr. Karl Hans Bläsius zu dem Leserbrief im TV vom 10. Juli, Seite 33 mit dem Titel „Atomwaffen haben Kriege verhindert.“: 

„Die Koexistenz von Menschen und Atomwaffen ist auf Dauer nicht möglich“

Es mag sein, dass die Abschreckungsstrategie basierend auf Atomwaffen bisher Kriege verhindert hat. Diese Strategie schützt aber nicht vor einem Atomkrieg aus Versehen, als Folge von Fehleinschätzungen bei Fehlalarmen in Frühwarnsystemen zur Vorhersage von Angriffen mit Atomraketen. In der Vergangenheit gab es einige kritische Situationen, in denen nur durch großes Glück nichts passiert ist. Vor solchen Risiken warnen auch viele militärische Experten. Z.B. schreiben Lahl und Varwick in ihrem Buch „Sicherheitspolitik verstehen“ (2. Aufl., 2021, S. 130), dass es keine Garantie gibt, dass die krisenstabilisierende Rolle von Atomwaffen erhalten bleibt, sondern, dass ganz im Gegenteil neue technische Entwicklungen das Risiko einer mangelnden internationalen Beherrschbarkeit der Kategorie nuklearer Waffen erhöhen. Außerdem schreiben sie, dass Nuklearwaffen ein Schadenspotenzial haben, welches das Überleben der gesamten Menschheit unter hohes Risiko stellt. Neue technische Entwicklungen betreffen insbesondere neue Trägersysteme wie Hyperschallraketen, die die Vorwarnzeiten extrem verkürzen, sowie die anstehende Bewaffnung des Weltraums, den Ausbau von Cyberkriegskapazitäten und den zunehmenden Einsatz von „Künstlicher Intelligenz“ bis hin zu autonomen Komponenten mit automatischen Entscheidungen. Diese Zusammenhänge sind z.B. bei www.akav.de darstellt. Der Klimawandel wird in den nächsten Jahrzehnten zu Einschränkungen der Lebensräume und als Folge zu globalen Krisen führen. In solchen Situationen werden Fehler in Frühwarnsystemen extrem gefährlich und können leicht zu einem Atomkrieg aus Versehen führen. In einem solchen Fall werden eher viele Atomwaffen zum Einsatz kommen, mit der Gefahr eines nuklearen Winters und damit einer weltweiten Gefährdung der Nahrungsmittelproduktion. Selbst ein begrenzter Atomkrieg zwischen Indien und Pakistan kann zu einem nuklearen Winter mit katastrophalen Folgen, auch bei uns, führen. Von der Entscheidung eines einzelnen Menschen und in Zukunft vielleicht von der Entscheidung einer Maschine kann das Überleben der gesamten Menschheit abhängen. Solange dies gilt, wird eine Koexistenz von Menschen und Atomwaffen auf dieser Erde auf Dauer nicht möglich sein. –  Prof. Dr. Karl Hans Bläsius

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Leserbrief von Thomas Zuche

„Et hätt noch immer jut jejangen…“

Müssen wir wirklich über den Sinn von Waffen diskutieren, die im Ernstfall das Leben von Millionen Menschen und Tieren vernichten würden? Deren Einsatz in Japan, deren Erprobung und Herstellung hunderttausende Menschenleben kostete und immer noch fordert. Die – wie das US-Modernisierungsprogramm für Atomwaffen – in den nächsten 30 Jahren die Unsumme von tausend Milliarden US-Dollar verschlingen wird, wo schon die Hälfte des Geldes ausreichen würde, den Hunger auf der Erde zu besiegen?
Geschenkt, sagen jetzt wahrscheinlich Befürworter der atomaren Abschreckung, denn immerhin hätten Atomwaffen den ganz großen Krieg zwischen den Blöcken verhindert. So TV-Leser Hans J Römpler in seinem Leserbrief vom 10./11. Juli 2021. Dazu einige Anmerkungen: Herr Römpler beschreibt einen vermuteten Wirkungszusammenhang, der weder beweisbar, noch dauerhaft sicher ist. Die beiderseitige gesicherte Zerstörung (im Englischen: Mutual Assured Destruction, abgekürzt MAD = dt.: „verrückt“) wird seit längerem durch strategische und technologische Entwicklungen untergraben. So warnt einer der ehemals ranghöchsten Bundeswehrgenerale, die Einführung Künstlicher Intelligenz „verschafft das Potenzial, im Handstreich zu entwaffnen und destabilisiert das strategische Gleichgewicht“ (Generalleutnant a.D. Kersten Lahl). 2. Wenn es denn nur auf die gegenseitige Vernichtungsfähigkeit ankäme, dann würde eine Minimal­abschreckung mit wenigen Atomwaffen doch reichen. Doch sowohl die USA als auch Russland besitzen mehr als 6000 atomare Sprengköpfe für alle Eventualitäten einer atomaren Kriegführung, wenn die Abschreckung versagen sollte. Der Trend: „Alle Atommächte modernisieren, verstärken oder vergrößern derzeit ihre Atomwaffen-Arsenale“ (SIPRI-Jahresbericht 2020). 3. Kleinere, zielgenauere Atomwaffen, wie sie von allen Atommächten – und bald auch in Büchel, wenn wir das nicht verhindern – eingeführt werden, senken die psychologische und militärische Schwelle zum Einsatz, erst recht in Zeiten von zugespitzten politischen Krisen. 4. Atomare Abschreckung setzt rational handelnde Akteure voraus und das in jedem Moment. Donald Trump? Marine Le Pen? Kim Yong Un? Nicht wirklich.
Die Abschreckungs­befürworter argumentieren getreu dem Kölschen Spruch: „Et hätt noch immer jut jejangen“. Mich erinnert das an die unumstößlichen Weisheiten der Befürworter der zivil genutzten Atomenergie: „Ein Versagen ist nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen“. Eben.  –   Thomas Zuche, Trier, Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V.

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