Die Hindenburgstraße in Trier soll umbenannt werden, was wir begrüßen. Der Trierer Stadtrat hat im Juli 2020 beschlossen, die Hindenburgstraße umzubenennen. Die Mehrheit des Rates brachte mit diesem Votum zum Ausdruck, dass Paul von Hindenburg kein ehrendes Gedenken seitens der Stadt Trier mehr zuteilwerden soll. Das Vorschlagsrecht für einen neuen Namen hat der Ortsbeirat Mitte/Gartenfeld, der hierfür eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Trier vorgeschlagen hatte. Vom 3. bis 22. November 2020 konnten die Trierer Bürger*innen vorschlagen, wie die Hindenburgstraße zukünftig heißen soll. Die AG Frieden hat sich beteiligt und zwei Vorschläge eingebracht, die wir hier nochmal ausführlicher begründen wollen:
Zum einen finden wir eine Straßenbenennung nach Dr. Heinz Kahn (*13.04.1922 in Hermeskeil – gestorben 09.02.2014 in Polch bei Koblenz) sinnvoll – Den Vorschlag eine Straße nach ihm zu benennen haben wir erstmals 2014 vorgebracht. Der Holocausüberlebende und Wiederbegründer der jüdischen Gemeinde Trier hat viele Verdienste und würde – da die Hindenburgstraße zur Synagoge führt – auch einen direkten räumlichen Bezug aufweisen.
Zum anderen schlagen wir eine Frau vor: Else Scheuer geb Insel (*01.08.1894 in Metz – 15.03.1967 Ramat Gan, Israel) Die Pazifistin und Kriegsgegnerin arbeitete als Theaterrezensentin für die sozialdemokratische Zeitung Volkswacht in Trier. Sie war Mitglied der Trierer Ortsgruppe der „Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit“ und bis 1933 Mitglied der Trierer SPD sowie Mitbegründerin der Trierer Arbeiterwohlfahrt (AWO). Sie wanderte 1933 gemeinsam mit ihrem Ehemann Arnold über Luxemburg nach Palästina aus Von 1944 bis 1962 war sie für die israelische Frauenbewegung Women’s International Zionist Organisation tätig.
Zu Else Scheuer
Else Scheuer geb Insel (*01.08.1894 in Metz – 15.03.1967 Ramat Gan, Israel) Die politisch aktive Bürgerin stammt aus Triers heutiger Partnerstadt Metz. Die Pazifistin und Kriegsgegnerin arbeitete als Theaterrezensentin für die sozialdemokratische Zeitung Volkswacht in Trier. Sie war erste Vorsitzende der Trierer Ortsgruppe der „Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit“ und bis zu ihrem vom NS-Regime erzwungenen Ausschluss 1933 Mitglied der Trierer SPD sowie Mitbegründerin der Trierer Arbeiterwohlfahrt (AWO). Sie war ein engagierte Frau der Trierer Zivilgesellschaft und setzte sich dabei für Frieden und Menschenrechte ein, bis die Nazis sie zur Auswanderung trieben. 1937 ging es gemeinsam mit ihrem Ehemann Arnold über Luxemburg nach Palästina. Von 1944 bis 1962 war sie dort für die israelische Frauenbewegung Women’s International Zionist Organisation (WIZO) tätig. Mit Ilse Scheuer könnte mit einer jüdischen Frau ein Zeichen gegen Antisemitismus und für Gleichberechtigung gesetzt werden was auch gut zur Synagoge am Ende der Straße passt.
Foto von Else Scheuer, links aus dem Sttattführer
Hintergrundinformationen/Quellen:
- StattFührer – Trier im Nationalsozialismus Hrsg. von Thomas Zuche 3. überarbeitete und erweiterte Auflage 2005
- https://de.wikipedia.org/wiki/Else_Scheuer-Insel und https://fr.wikipedia.org/wiki/Else_Scheuer-Insel
- Else Insel-Scheuer in ‚Biographien von Frauen der Region Trier‘, gesammelt und bearbeitet von WIlli Körtels
- Erinnerungsprotokoll – OH Interview mit der Familie Reuven Shoer (Sohn von Else Insel-Scheuer und Arnold Scheuer) 8. August 2016, von Tamara Breitbach – auf Anfrage bei der Autorin/AGF.
Zu Heinz Kahn:
Dr. Heinz Kahn (*13.04.1922 in Hermeskeil – gestorben 09.02.2014 in Polch bei Koblenz) ist ein Holocausüberlebender, er gehört zu den Wiederbegründern der jüdischen Gemeinde Trier. Kahn hat viele Verdienste, so wurde er bei den Frankfurter Auschwitz-Prozessen als Zeuge gehört, weil er während seiner Zeit in Auschwitz Akten vor der Vernichtung bewahrt hat. Da die jetztige Hindenburgstraße zur Synagoge führt – würde die Umbenennung in Dr. Heinz Kahn Straße auch einen direkten räumlichen Bezug aufweisen. Er verlor seine Familie im Konzentrationslager Auschwitz, wo er als Pfleger, Häftlingsschreiber und Lagerläufer und schließlich im „Selektionskommando“ Auschwitz arbeiten musste. Dabei konnte er anderen Häftlingen helfen. Heinz Kahn erzählte in Schulen und öffentlichen Veranstaltungen als Zeitzeuge von der Verfolgung und auch vom Widerstand der Juden im Nationalsozialismus. Bei der Präsentation der Broschüre „Stolpersteine erzählen“ sprach er ein bewegendes Grußwort und hat auch die Verlegung von Stolpersteinen für Familienangehörige in Hermeskeil und Trier unterstützt. Er ist eine beeindruckende Persönlichkeit und Symbolfigur für das Überleben und den Widerstand gegen den Holocaust und die neue jüdische Gemeinde und Synagoge in Trier.
Foto links von Heinz Kahn: Förderverein Mahnmal Koblenz, Untertitel dazu im Volksfreundartikel: „Er sah seine Eltern und seine Schwester zuletzt auf der Rampe von Auschwitz, trotzdem blieb Heinz Kahn im Nachkriegsdeutschland. Im Februar 2014 ist er 91-jährig gestorben.“
Hintergrundinformationen/Quellen:
- https://www.mahnmal-koblenz.de/index.php/2013-12-12-02-07-02/die-personentafeln/185-043-heinz-kahn-juedischer-junger-mann-aus-trier-lebt-seit-jahrzehnten-in-polch
- Grußwort von Dr. Heinz Kahn bei der Buchvorstellung „Stolpersteine erzählen“ der AGF in Trier 2008: https://www.youtube.com/watch?v=-zkeC2cE4DI
- „Eine Straße für Heinz Kahn“ 10.3.2014: https://www.volksfreund.de/…/eine-strasse-fuer-heinz-kahn_a…
- Heinz Kahn erzählt vom Leben in der Nazi-Zeit (Plenarprotokoll des Landtages RLP vom 27. Januar 2007. S. 883 – 891) https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/plenarprotokolle/PLPR-Sitzung-15-016.pdf
Titelfoto, Ausschnitt von: Bundesarchiv Bild 183-S38324, Tag von Potsdam, Adolf Hitler, Paul v. Hindenburg.jpg – Wikimedia Commons Dieses Bild findest du hier: Wikimedia Commons | Lizenzdetails