11.11.2022 Freitag 11:30 Uhr – bis – 11.11.2022 Freitag 13:00 Uhr | AG Frieden

Warum wir die Veranstaltung mit Beate Klarsfeld absagen.

Warum wir die Veranstaltung mit Beate Klarsfeld absagen.
Die Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier und Beate Klarsfeld sind übereingekommen die Veranstaltung am Freitag 11. November 2022 in Trier abzusagen.
Diese Absage fällt uns, der AG Frieden, nicht leicht. Wir haben Frau Klarsfeld um eine Erläuterung gebeten, uns mit Fachleuten und Kooperations­partnern beraten und sind schließlich zu diesem Entschluss gekommen.

 

Warum wir die Veranstaltung mit Beate Klarsfeld absagen.

Die Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier und Beate Klarsfeld sind übereingekommen die Veranstaltung am Freitag 11. November 2022 in Trier abzusagen.

Diese Absage fällt uns, der AG Frieden, nicht leicht. Wir haben Frau Klarsfeld um eine Erläuterung gebeten, uns mit Fachleuten und Kooperations­partnern beraten und sind schließlich zu diesem Entschluss gekommen.

Hintergrund ist, dass wir mit großem Erstaunen und Unverständnis zur Kenntnis nehmen mussten, dass das Ehepaar Beate und Serge Klarsfeld aus der Hand von Louis Aliot, dem Bürgermeister von Perpignan und führendem Mitglied des in Rassemblement National (RN) umbenannten „Front National“, die „Medaille der Stadt“ entgegen genommen haben. Begründet haben die Klarsfelds Ihre Entscheidung, dass Aliot sich vom Antisemitismus distanziert habe, auch Gedenkveranstaltungen zur Shoah besuche. Dies sei der Beleg dafür, dass sich Aliot geändert und als gemäßigter Rechtsextremist / Rechtspopulist zu unterstützen sei.

Das rechtsextreme Rassemblement National (RN), dessen Vorsitz Aliot in einem inner­parteilichen Machtkampf anstrebt, vertritt nach wie vor (kultur-)rassistische, anti­demokratische und an Ethnie, geographischer Herkunft und Religion geknüpfte exkludierende Positionen. Die Vorgängerpartei Front National (FN) war von von ehe­maligen Waffen-SS-Mitgliedern gegründet worden. Im Mai 2022 hatte das Ehepaar Klarsfeld und Sohn Arno Klarsfeld vor der Stichwahlrunde der Präsidentenwahlen noch einen Text veröffentlicht „Nein zu Le Pen, Tochter des Rassismus und des Antisemitismus“(…) „Lassen wir uns nicht täuschen, sie (Marine Le Pen) hat sich nicht verändert.“

Für uns als AGF ist die Entscheidung der Klarsfelds, aus den Händen Louis Aliots die Medaille der Stadt Perpignan entgegen zu nehmen, ausgesprochen problematisch. Dies trägt zur Legitimierung der rechts­extremen Partei und Ihrer menschen­verachten­den Positionen bei. Als AG Frieden treten wir für die Unteil­barkeit von Menschenrechten ein, und wollen dies auch zukünftig so halten.

In einer langen Diskussion ist uns klar geworden, dass wir das Veranstaltungsziel – die Sensibilisierung von jungen Menschen für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Stereotype sowie rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien – mit großer Wahrscheinlichkeit nicht werden umsetzen können.

Das von uns sehr geschätztes Engagement der Klarsfelds was zur Inhaftnahme national­sozialistischer Täter, unter anderem von Klaus Barbie führte, würde in der Diskussion um die umstrittene und für uns nicht akzeptable Annahme der Auszeichnung in Perpignan überlagert und relativiert werden.

Zudem denken wir, dass so ein diffiziles und komplexes Thema, nämlich die Annahme einer Auszeichnung aus der Hand eines führenden RN-Mitglieds, in einer vor allem für Schüler*innen konzipierten Veranstaltung inhaltlich nicht angemessen zu behandeln ist. Unsere Überzeugungen wie ein Kampf gegen die Neue Rechte geführt werden muss, würden so konterkariert. Prof. Claus Leggewie kommentierte das in der Taz so: „Klarsfelds Manöver ist auch deshalb riskant, weil er eine Banalisierung der Erinnerung an den Holocaust mitmacht, die in den Mündern strammer Rechter zu kostenlosen Lippenbekenntnissen geworden ist. Bei allem Respekt sollte er nicht Ehrenbürger Perpignans bleiben.“

Wir haben uns daher entschieden, die Veranstaltung mit Beate Klarsfeld in Trier abzusagen.

i. A. von Vorstand und Arbeitskreis „Trier im Nationalsozialismus“ der Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. Trier

Markus Pflüger

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Deutsche Medienberichte zum Thema:

 

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Hier die ursprüngliche Veranstaltungsankündigung:

Beate Klarsfeld: Der Kampf gegen alte und neue Nazis

Spätestens seit November 1968 ist Beate Klarsfeld weltweit bekannt. Mit ihrer Ohrfeige gegen den damali­gen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger setzte sie ein Ausrufezei­chen gegen Nazi-Verbrechen. Die deutsch-französische Journalistin hat zusammen mit ihrem Ehemann, Serge Klarsfeld, die Aufklärung von NS-Verbrechen zu ihrem Lebensziel gemacht. Zur Veranstaltung der AG Frieden in Kooperation mit der Heinrich Böll Stiftung RLP und dem Humboldt Gymnasium Trier ist eine Anmeldung erforderlich, s.u.

Einer der größten Erfolge der Klarsfelds, die alsbald als „Nazi-Jäger“ geehrt und gefürchtet wurden, war die Enttarnung des einstigen Gestapo-Chefs von Lyon, Klaus Barbie. Der ehemalige Trierer Gymnasiast des FWG war SS-Führer im besetzten Frankreich und galt dort als der „Schlächter von Lyon“. 16 Jahre ermittelten die Klarsfelds gegen Barbie, der in Bolivien untergetaucht war, und erreichten 1987 seine Auslieferung an Frankreich. Der mutige Einsatz der Klarsfelds brachte ihnen Beifall, aber auch Morddrohungen und Attentatsversuche ein. In Frankreich als Heldin verehrt, erfolgte in Deutschland erst 2019 die Anerkennung ihrer Lebensleistung mit der Verleihung des Bun­desverdienstkreuzes Erster Klasse. Es ist uns eine Ehre, Beate Klarsfeld in Trier zu begrüßen.

Beate Klarsfeld wird über ihre Erfahrungen bei ihrer Jagd nach Nationalsozialisten erzählen. Dabei geht es auch um Kontinuitäten nationalsozialistischer Ideologie und die Gefährlichkeit aktueller Entwicklungen rechtspopulistischer Parteien in Europa und den neuen Rechtsruck.

  • Was können wir von der „Nazi-Jägerin“ lernen, wie können Ungerechtigkeiten heute bekämpft werden? Was können wir aus der Geschichte der Nachkriegszeit lernen?
  • Was setzen wir der neuen Rechten, rechtspopulis­tischen und rechtsextremen Parteien entgegen?
  • Wie können wir heute Widerstand gegen antidemokratische und nationalistische Entwicklungen, Antisemitismus und Rassismus leisten, was ist notwendig für den Erhalt und die Weiterentwicklung eines de­mokratischen Europas?

Annika Müller, Freiwillige von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. im Maison d´Izieu in Frankreich führt das Gespräch mit Frau Klarsfeld. Sie leistete nach ihrem Abitur am HGT einen Friedensdienst in der Gedenkstätte für die ermordeten jüdischen Kinder. 1944 ließ Klaus Barbie in Izieu 44 jüdische Kinder und 7 Betreuer von Izieu ins Vernichtungs­lager Auschwitz deportieren.

  • Fr. 11. November 2022 um 11.30 Uhr- ABGESAGT!
  • Aula des Humboldt Gymnasiums Trier Augustinerstraße 1, 54290 Trier

Eine Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. in Kooperation mit der Heinrich Böll Stiftung RLP und dem Humboldt Gymnasium Trier

 

 

WICHTIG: Anmeldung erforderlich, Email mit Name bitte an: ….    Die begrenzten Plätze werden nach Email-Eingang vergeben, Sie erhalten dann eine Bestätigung. Eintritt frei. (Foto rechts oben: Beate Klarsfeld (2015) Claude Truong-Ngoc / Wikimedia Commons)