18.01.2023 | Arbeitskreise & Projektgruppen

„Eine segensreiche Beziehung“ Unternehmer und SS im Lager Auschwitz-Monowitz

Im Rahmen einer gut besuchten Vernissage in der Trierer Volkshochschule, eröffnete Frau Prof. Sybille Steinbacher die Ausstellung „I.G. Farben – Buna-Monowitz. Frau Steinbacher von der Frankfurter Goethe-Universität ist die einzige Inhaberin eines Lehrstuhls in Deutschland, der schwerpunktmäßig der Erforschung des Nationalsozialismus gewidmet ist. Sie leitet außerdem das renommierte Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt/Main.
Spannend und vielfach neu waren die Ausführungen von Frau Steinbacher: In Auschwitz seien zwei Leitgedanken der Nationalsozialisten zusammengeführt worden: Ihr Antisemitismus bis hin zur „Endlösung der Judenfrage“ und ihre Ideologie des „Lebensraums für rassisch wertvolle Deutsche im Osten“. Massenmord und Aufbau einer deutschen „Musterstadt Auschwitz“ seien unmittelbar miteinander verbunden gewesen.
Die ansässige polnisch-katholische und jüdische Bevölkerung von Oswiecim (eingedeutscht: Auschwitz) wurde im Frühjahr 1940 vertrieben und stattdessen Deutsche angesiedelt, u.a. „Treuhänder“, die einheimische Firmen übernahmen und sich vielfach als Pioniere bei der Eroberung von „Lebensraum“ für die germanische Rasse verstanden. Ein Projekt des Reichsführers der SS, Himmler, in der Stadt Auschwitz Tausende Südtiroler:innen (!) anzusiedeln, scheiterte an Logistik und Kriegsverlauf. Es zeige aber den Größenwahn der vollkommen enthemmten Planer. Stattdessen zog die SS („Schutzstaffel“) ein, die in der Nähe der Stadt ein Konzentrationslager (KZ) errichtete. Für ca. 7000 SS-Männer und 200 Aufseherinnen wurde das KZ Auschwitz „Arbeitsstätte“.
Im Frühjahr 1941 begannen die Arbeiten an einem hochmodernen Werk der Kautschukverarbeitung durch die Firma I.G. Farben (I.G. für Interessengemeinschaft) „eines der größten Investitionsprojekte des Deutschen Reiches im Krieg“ im Ortsteil Auschwitz-Monowitz. Ein Konzernmanager bezeichnete die Kooperation zwischen Unternehmen und SS als „segensreiche Beziehung“. Die Arbeitsteilung im konzerneigenen KZ bestand darin, dass die Firma die Kautschukfabrik errichtete, während die SS dafür die KZ-Häftlinge, aber auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, zur Verfügung stellte und sie bewachte. Schätzungsweise 25.000 Menschen überlebten die Sklavenarbeit nicht. Auf der Werksbaustelle betrug die durchschnittliche Lebensdauer nur drei Monate. Wer nicht mehr arbeitsfähig war, wurde im KZ Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) ermordet. Obwohl die Konzernmanager über den massenhaften Mord an Häftlingen informiert waren, wurden die meisten nach dem Krieg nur zu kurzen Zeitstrafen verurteilt.

In Ihrem Vortrag ging Frau Steinbacher auch auf die Entstehungsgeschichte der Ausstellung ein, die im Foyer der VHS am Domfreihof noch bis zum 28. Februar zu sehen ist. Sie wurde 1998 nach einem Treffen von knapp 100 Überlebenden des Lagers Auschwitz III (Monowitz) von Mitarbeiter:innen des Fritz-Bauer-Instituts in Frankfurt/Main konzipiert. Die Ausstellung zeigt die Entstehung des Lagers, den Alltag der Häftlinge, auch aus der Perspektive des Industrieunternehmens und der SS, sowie den Prozess gegen Manager der IG Farben.

Rudolf Fries (VHS), Thomas Zuche (Arbeitsgemeinschaft Frieden, AGF) und Dr. Thomas Grotum (Universität Trier) hatten den Abend eingeleitet und die erfolgreiche und langjährige Zusammenarbeit – auch mit den beiden Hochschulgemeinden – bei der Ausrichtung des Gedenktags zur Erinnerung an die Opfer des Holocausts in Trier erwähnt.