01.10.2020

(US-)Truppenabzug – als Chance für die Region

Vorbemerkung: Am 5.9.2020 war Richard Pestemer Gastredner einer Veranstaltung des Kreisverbandes Bernkastel-Wittlich der LINKEN zum Thema “(US-)Truppenabzug als Chance für die Region. Er ist Mitautor des Konversionsreader ‚Zivile Arbeitsplätze statt Kriegsunterstützung‘, 2007: www.krieg-beginnt-hier.de/attachments/article/18/readerkonversion2.pdf

Seine Redezeit war auf 5 Minuten beschränkt, sodass er nachfolgend sein Impulsreferat in schriftlicher Form und ausführlicher nachreicht. Veröffentlicht werden soll dies auf den Webseiten der LINKEN KV BKW und der AG Frieden Trier sowie auf der Plattform www.tacheles-regional.de.

 

Truppenabzug als Chance für Was?

Werte Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

einsteigen möchte ich in mein Impulsreferat in unüblicher Weise mit zwei Kurzgedichten im japanischen Haiku-Stil:

So warm der Winter

So kalt die globale Gier:

Jahr ohne Zeiten

 

 

Die Jahreszeiten

Sie purzeln durcheinander:

Entschleunigen

im ersteren Kurzgedicht wird die aktuelle Lage angesichts des menschenmitverursachten Klimawandels aufgezeigt. Der neoliberale Glaubenssatz, dass die kapitalistische Gier zwecks hemmungsloser Bereicherung letztendlich alternativlos ist, dass die entfesselten globalen Märkte am Besten in der Lage sind die Gier der Menschen zu befriedigen. Und dies ist der Grund, warum durch eine rücksichtslose ausschließlich auf Profit orientierte Wachstumsproduktion des Mehr und Mehr den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen derart forciert, das die Erde spürbar aufgeheizt wird. Dies mit der Folge, dass die uns vertrauten Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter  sich zunehmend verwischen.  

Im zweiten Kurzgedicht wird die Alternative aufgezeigt: das Aussteigen aus dem endlosen Kreislauf der zwanghaften Profitgier und Kapitalanhäufung hin zu einem nachhaltigen selbstbestimmten Entschleunigen des scheinbar alternativlosen Mehr und Mehr.

Bietet dafür der kürzlich vom US-Präsidenten Donald Trump angekündigte Truppenabzug von US-Soldaten von dem US-Kriegsflughafen Spangdahlem, ja eventuell die Auflösung dieser Airbase, nicht eine große Chance zu Konversion für die Schaffung von sinnvollen nachhaltigen und somit zivilen Arbeitsplätzen?

Was aber ist unter Konversion eigentlich zu verstehen?

Der Begriff Konversion kann von dem lateinischen Verb convertere abgeleitet werden. Convertere hat laut Wörterbuch folgende Bedeutungen:

  • umdrehen

  • drehen

  • in Unordnung bringen

  • umwandeln/wenden

Mich spricht das “in Unordnung bringen” am meisten an. Denn die Existenz des US-Kriegsflughafen Spangdahlem ist ja ein Hinweis darauf, dass die Welt “in Unordnung geraten” ist., es vielmehr eine große “Welt-Un-Ordnung” gibt, die, wie die Kriege im Irak, Afghanistan und Syrien usw. beweisen, nur noch mit brutaler militärischer Gewalt  aufrecht erhalten werden kann. Der angekündigte Truppenanzug von US-Soldaten aus Rheinland-Pfalz, aus unserer Region bietet uns eine Stück weit die Chance diese “Welt-Un-Ordnung” im Sinne von Schwerter zu Pflugscharen in Ordnung zu bringen. Dabei soll allerdings die US-Truppen allerdings nicht von RLP nach Polen umstationieren, nein das wäre friedenspolitisch kein wirklicher Gewinn, er soll sie allesamt in die USA zurückbeordern.  Kurzum: Die bestehende “Welt-Un-Ordnung” demokratisch und umfassend zu konvertieren in eine “Neue Weltordnung” , diese Aufgabe besteht dringender denn je.

Weshalb?

Die Hauptproblematik ist nicht die aktuelle Pandemie, sondern vielmehr, warum unsre konsumfixierte Gesellschaft so anfällig ist für solch eine globale Pandemie. Zu Recht stellen die Aktiven in der der FridaysForFuture-Bewegung fest:

“Wir hätten uns gewünscht, dass so entschlossen wie gegen die Pandemie auch gegen den menschenmitverursachten Klimawandel vorgegangen wäre!” Was aber ist der Ausgangspunkt für den rasant vorschreitenden Klimwandel? Und was hat das mit dem US-Kriegsflughafen Spangdahlem zu tun?

In dem besagten Konversionsreader, der als Ergebnis der Dudeldorfer Konversionskonferenz des “Regionalen Bündnisses für die Konversion des Kriegsflughafens Spangdahlem” (2005) erstellt wurde. heißt es auf den Seiten 76 und 77:

Am brutalsten und unverblümtesten hat der frühere CIA-Direktor Admiral Wooley, die Notwendigkeit des vermehrten Interventionismus in seiner Dominotheorie entwickelt, wo es heißt: Wir müssen dem Nahen Osten die Ölwaffe wegnehmen. (…)Unglücklicherweise verfügen nicht Demokratien wie Israel über Öl , sondern autoritäre Regierungen.(…) man kann nicht alle Probleme auf einmal lösen. Man braucht eine langfristige Strategie.(..) Wir fangen jetzt mit dem Irak an, weil Saddam am tückischsten und gefährlichsten ist. Wir können ihn nicht an der Regierung belassen und stattdessen die Region von ihren Rändern her demokratisieren. Man muss im Zentrum des Problems beginnen.” KVR S.76 )

Und später nach dem islamistischen Anschlag von Al Kaida auf das  World Trade Center von New York verkündete US-Präsident Georg W. Bush Jr. eben in  den Trümmer des World Trade Center pathetisch, dass die USA nicht bereit wären af dem auf unendlichen Wachstum und Konsum basierenden “american way of life “ zu verzichten. Das Greenpeace-Magazin vom April 2003 stellte fest, was dieser “american way of life” für den menschenmitversursschten Klimwandel bedeutet: ”Ein Viertel des weltweiten Kohlendioxydausstosses geht auf das Konto der USA. Mit seiner Kyoto-Absage (Kyoto-Klimaschutzabkommen) brüskiert Bush die Welt, aber auch Amerikaner spüren heute schon die Folgen des Klimawandels – etwa durch auftauende Permafrostböden in Alaska oder durch mehr Extremstürme in Florida. Für die Regierung der ehemaligen Ölmanager Bush und Cheney stehen der “american way of live” und Sprit schluckende Geländewagen eher unter Artenschutz als durch den Klimawandel gefährdete Tiere und Pflanzen.”

US-Präsident Trump in der Tradition von George W. Bush jr.

In dieser unseligen “Tradition” reiht sich Donald Trump nahtlos ein mit seiner ultra-nationalistischen Politik des “America First” , ja mit ihm erfahren wir ein trotzig-rücksichtsloses Festhalten am “american way of live” selbst inmitten der in den USA vollkommen aus dem Ruder gelaufenen Pandemie. Selbst engste Verbündete wie Deutschland fühlen sich von dieser extremistischen Politik vollkommen vor dem Kopf gestoßen und irritiert. Indes, die Ankündigung von Trump Tausende von US-Soldaten – eventuell auch aus Spangdahlem – abziehen und stattdessen wahrscheinlich Polen mit mehr US-Militärpräsenz als Bündnispartner zu ”beglücken“, hat für erhebliche Unruhe unter den hiesigen Politikern der Region bis Berlin gesorgt.

TRUMPs unfreiwillige Konversionshilfe: Die Chance zu Konversion ergreifen I

 Grüne und LINKE haben am 22.Juni 2020 hingegen in einer öffentlichen Kreistagssitzung des Kreistages Bernkastel-Wittlich auf die Notwendigkeit  der zivilen Umwandlung/Konversion in nachhaltige zivile Projekte wie z.B. der Energielandschaft in Morbach oder dem Gewerbegebiet Bitburg hingewiesen.

Die beiden Mitautoren, Markus Pflüger und Richard Pestemer,  des “Konversionsreader” zu Spangdahlem, erstellt vom ehemaligen “Regionalen Bündnis für die Konversion des Kriegsflughafens Spangdahlem” als Reaktion auf die Auseinandersetzung im Kreistag zum Thema “US-Truppenabzug aus Spangdahlem” am 26. Juni 2020 folgendes Statement abgeben, welche hier vollständig präsentiert werden soll:

Es ist höchste Zeit, dass wir in Europa, Deutschland, in unserer Region uns von solchen irrlichternden `strategischen` Überlegungen im Weißen Haus und im Pentagon unabhängig machen. Zumal die aktuelle Corona-Krise unverschleiert aufzeigt, dass unsere hochgerüsteten globalisierten Wirtschafts- und `Sicherheitssyteme`nicht in der Lage sind, die Pandemie sozial gerecht zu bewältigen.

Wie fatal und vergeblich sind da irrwitzige Vorstellungen mit solch hochgerüsteten Militär­einrichtungen und vermehrter Aufrüstung angesichts der ausufernden Krise mit zunehmenden Flüchtlingen und Klimawandel auf Dauer Frieden in unserer Region bewahren zu können.

Nein, wer Frieden bewahren will, der muss in den Frieden, in die Konversion investieren. Wer aber wie US-Präsident TRUMP auf permanente Eskalation setzt, wer also Sturm erntet, der wird einen Taifun ernten, nicht nur bei der Corona-Krise.

Konversion beginnt in den Köpfen und es gilt, sich jetzt für die Konversion zu entscheiden. Unsicher ist, ob und wann es ein eine Verlegung oder eine Schließung der Airbase geben wird.

Sicher ist aber, dass zivile Arbeitsplätze in nachhaltigen Projekten wie erneuerbaren Energien, Natur- und Umweltschutz sowie sanften Tourismus auf alle Fälle Sinn machen. Alle Parteien sollten sich daher jetzt die Schaffung ziviler Arbeitsplätze aussprechen und ihre Abhängigkeit vom gefährlichen, klima­schädlichen sowie Mensch und Umwelt belastendem Militär beenden. Der tägliche Lärm durch den Militärbetrieb und besonders durch Tiefflüge, enorme Emissionen in Luft und Wasser, Verseuchung von Boden und Wald z.B.  bei Abstürzen und Treibstoffablassungen mit hochgiftigen Hydrazin und JP-8 mahnen, diesen Wahnsinn für eine weltweite Kriegspolitik endlich zu beenden.

Die Notwendigkeit der Konversion von Militäranlagen in ökologisch und sozial nachhaltige Zivil­anlagen ist und bleibt ein parteiübergreifendes Dauerthema. Die aktuelle Entwicklung beweist:`Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!”

Es geht ums Ganze

Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, gleich wohl die aktuelle Corona-Krise die wesentliche Herausforderung, den menschenversuchten Klimawandel als alles beherrschend, zu verdecken droht. In einem Internetbeitrag mit dem Titel “Der Zusammenbruch der Zivilisation ist das wahr­scheinlichste Ergebnis” (Veröffentlicht von der “Ökologischen Plattform bei DER LINKEN:  www.oekologische-plattform.de/2020/06/der-zusammenbruch-der-zivilisation-ist-das-wahrscheinlichste-ergebnis/ Englische Originalversion: https://voiceofaction.org/collapse-of-civilisation-is-the-most-likely-outcome-top-climate-scientists/)

werden wir im Klartext mit den schon jetzt dramatischen Auswirkunkungen des Klimwandel konfrontiert, was folgende Zitat aus diesem Text verdeutlichen:

  • Der emeritierte Professor der Australian National University, Will Steffen (im Bild), sagte gegenüber Voice of Action, dass es bereits eine Chance gebe, dass wir eine “globale Kippkaskade” ausgelöst haben, die uns in ein weniger bewohnbares “Treibhaus Erde”-Klima führen würde, unabhängig davon, ob wir die Emissionen reduzieren.

  • “Angesichts der Dynamik sowohl im System Erde als auch im System Mensch und des wachsenden Unterschieds zwischen der ‘Reaktionszeit’, die benötigt wird, um die Menschheit in eine nachhaltigere Zukunft zu lenken, und der ‘Interventionszeit’, die übrig bleibt, um eine Reihe von Katastrophen sowohl im physikalischen Klimasystem (z.B. Schmelzen des arktischen Meereises) als auch in der Biosphäre (z.B. Verlust des Great Barrier Reef) abzuwenden, sind wir bereits weit in Richtung Kollaps fortgeschritten”, sagte Steffen.

  • Steffen benutzte die Metapher der Titanic in einem seiner jüngsten Vorträge, um zu beschreiben, wie wir Kipp-Punkte schneller überqueren könnten als die Zeit, die wir brauchen würden, um zu reagieren und unsere Auswirkungen auf das Klima in den Griff zu bekommen.

“Wenn die Titanic merkt, dass sie in Schwierigkeiten ist und etwa 5 km benötigt, um das Schiff zu verlangsamen und zu steuern, aber nur 3 km vom Eisberg entfernt ist, ist sie bereits dem Untergang geweiht”, sagte er.

  • “Allein die Beweise aus den Kipp-Punkten deuten darauf hin, dass wir uns in einem planetarischen Ausnahmezustand befinden: sowohl das Risiko als auch die Dringlichkeit der Situation sind akut.”

  • Steffen sagte gegenüber Voice of Action, dass die drei größten Herausforderungen für die Menschheit — der Klimawandel, die Verschlechterung der Biosphäre und die wachsenden Ungleichheiten zwischen und unter den Ländern — “nur verschiedene Facetten desselben grundlegenden Problems” seien. Dieses Problem sei das “neoliberale Wirtschaftssystem”, das sich durch die Globalisierung über die ganze Welt ausbreite und “einen Lebensstil mit hoher Produktion und hohem Konsum” sowie eine “Religion, die nicht auf ewigem Leben, sondern auf ewigem Wachstum aufbaut” untermauere.

“Es wird überdeutlich, dass (i) dieses System mit einem gut funktionierenden Erdsystem auf planetarischer Ebene unvereinbar ist; (ii) dieses System das menschliche und gesellschaftliche Wohlergehen aushöhlt, selbst in den reichsten Ländern, und (iii) der Zusammenbruch das wahrscheinlichste Ergebnis der gegenwärtigen Entwicklung des gegenwärtigen Systems ist, wie es 1972 in der Arbeit “Die Grenzen des Wachstums” prophetisch modelliert wurde”, sagte Steffen gegenüber Voice of Action.

  • Ich denke, wenn es uns allen gelingen würde, ein einfacheres und wohl auch erfüllteres Leben zu führen, dann wäre es mit einigen technologischen Fortschritten immer noch möglich, eine nachhaltige Zukunft zu haben, aber es scheint wahrscheinlicher zu sein, dass … wir auf eine Art globalen Zusammenbruch zusteuern oder vielleicht an der Schwelle zu einem solchen stehen”, sagte Turner gegenüber Voice of Action.

Turner sagte, er befürchte, dass die breite Öffentlichkeit das Problem nicht ernst genug nimmt und Veränderungen nicht verlangt, bis sie “tatsächlich ihren Arbeitsplatz oder ihr Leben verliert oder ihre Kinder direkt darunter leiden sieht”.

  • Nelson sagte, wir müssten die Art und Weise, wie wir auf diesem Planeten leben, von Grund auf ändern, und dazu gehören Diskussionen über die Bevölkerungskontrolle (z.B. Beschränkungen der Anzahl der Kinder, die Menschen haben) und sogar Einkommensobergrenzen.

Nelson sagte, wir müssten auch den Kapitalismus loswerden, da das Wirtschaftssystem ohne Wachstum grundsätzlich nicht überleben könne.

Statt Firmen, die auf einem globalen Markt konkurrieren, müssen wir die Wirtschaft “lokalisieren”, so dass “die Menschen im Grunde lokal für lokale Bedürfnisse und nur für Grundbedürfnisse produzieren”. Dies würde “autonome Gemeinschaften” mit “substanzieller und direkter Demokratie” und Konsensentscheidungen voraussetzen.

Zusammen mit FridaysForFuture die Konversion voranbringen

Mit derartigen Erkenntnissen und Einsichten sowie Schlussfolgerungen ist die vorherrschende Politik offensichtlich überfordert. Selbst die eindringlichen Weckrufe der FridaysForFuture-Bewegung prallen an der Dickleibigkeit der etablierten Politik ab. Dabei verweist FFF “nur” auf die vorgeblich selbst formulierten Ziele, wie sie in den zahlreichen internationalen Klimagipfeln formuliert wurden.  Gefordert wird in dem Positionspapier von FFF – https://fridaysforfuture.de/forderungen/ – die

Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens und des 1,5°C-Ziels. Explizit fordern wir für Deutschland:

    • Nettonull 2035 erreichen

    • Kohleausstieg bis 2030

    • 100% erneuerbare Energieversorgung bis 2035

Entscheidend für die Einhaltung des 1,5°C-Ziels ist, die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich stark zu reduzieren. Deshalb fordern wir ab sofort:

    • Das Ende der Subventionen für fossile Energieträger

    • 1/4 der Kohlekraft abschalten

    • Eine CO2-Steuer auf alle Treibhausgasemissionen. Der Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen muss schnell so hoch werden wie die Kosten, die dadurch uns und zukünftigen Generationen entstehen. Laut UBA sind das 180€ pro Tonne CO2.

Aber ernüchtert stell FFF fest:

Wir sind auf dem besten Wege, das 1,5 Grad Ziel krachend zu verfehlen und wir haben keine Zeit, wieder bis zum Jahresende zu hoffen, um dann mit einer Anmaßung von Klimapaket gezeigt zu bekommen, wie wenig Wert dieser Planet für die Politik scheinbar hat. Daher ändern wir unsere drei Forderungen von Ende 2019 auf SOFORT. Das Klima verhandelt nicht und jede Ausrede, diese Forderungen nicht erfüllen zu müssen, ist nichtig.“

Konversion ist verfassungskonform und gemeinwohlorientiert

Denn der Staat muss seiner Verantwortung gegen über der Umwelt und nachfolgenden Generationen im Sinne von Artikel 20a des Grundgesetzes und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gerecht werden.

Mit einer umfassenden Konversion des US-Kriegsflughafen Spangdahlem können wir hier in unserer Region ein wirksamen Beitrag zur Einhaltung der von FFF formulierten Zielsetzung beitragen. Diese Initiativen werden nicht von der etablierten Politik erfolgen, wie die ablehnende Haltung der Kreistagsmehrheit hinsichtlich der Initiative von LINKEN und GRÜNEN zu einer Wahrnehmung des US-Truppenabzuges als Chance für eine zivile Konversion unmissverständlich aufzeigt. Gleichwohl die Konversionsprojekte in Morbach (Energielandschaft) und Gewerbegebiet (Bitburg) – siehe im Detail die im Konversionsreadar aufgezeigten Beispiel – aufzeigen, erst erfolgten nachdem in den USA entschieden wurden, diese ehemaligen Militäranlagen in Morbach (größtes US-Munitionslager in Europa) oder den US-Housings und Flughafen in Bitburg aufzugeben. Notwendig ist, dass wir jetzt präventiv eine zivile Konversion der US-Militäreinrichten in Deutschland/Rheinland-Pfalz forcieren und nachhaltig aktiv werden.

 

Verfassungskonforme Konversion und die Wiederaneignung der Urproduktion

Enteignungen im Sinne des Gemeinwohl sind möglich

Dieses eingebunden in eine gesamtgesellschaftliche Konversion, die hier in der Region folgende Zielsetzungen verfolgt:

a) die Bürgerinnen und Bürger sich die Urproduktion wieder aneignen, d.h. die selbstbestimmte Verfügung über die Nahrungsmittelproduktion sowie Energieproduktion (alternative Energieversorgung in kommunaler Bürgerhand)

b) die Wiederbelebung der traditionsreichen gemeindlichen Allmende, also das was in den Kommunen allen gehört (Gemeindeland/Gemeindewald/gemeindliche Grünflächen ohne/mit Streuobst einschließlich Friedhofsflächen.)

Als ehemaliger langjähriger Ortsbürger der kleinen Hunsrückgemeine Neunkirchen (160 EW) sowie als Mitglied des Verbandsgemeinderates Thalfang am Erbeskopf  verweise ich darauf, dass wir als Gemeinde den 160 ha großen Gemeindewald in Eigenregie mit einer eigen Forstrevierleiterin (mit einer Teilzeitstelle) nach den Prinzipien des Dauermischwaldes – Durchmischung von Baumarten mit verschiedenen Alterstufen – erfolgreich bewirtschaften. Ebenso haben wir als Jagdrechtsinhaber die Jagd von der Verpachtung auf eine gemeindliche Eigenbejagung umgestellt, damit der Verbiss durch einen Wildüberstand nicht dazu führt wie meist bei der Trophäenjagd von Gutbetuchte, dazu führt, dass die Naturverjüngung weggefressen wird, also die Gemeinden mit großen Wildschäden das Jagdvergnügen Weniger faktisch subventionieren.

Zudem haben wir durch einen einfachen Ratsbeschluss 2015 rechtlich einwandfrei festgelegt: Auf den gemeindeeigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen erfolgt die ökologische/biologische Produktion entsprechend der EG-Öko-Basisverordnung” Begründet wurde dies u.a. wie folgt: Diese hier aufgelisteten Allgemein Grundsätze – entnommen der EG-Öko-Basis­verord­nung – sind eingebettet in die folgenden Zielsetzungen: Herstellung einer reichen Vielfalt an Lebensmitteln und anderen landwirtschaftlichen Erzeug­nissen, die der Nachfrage der Verbraucher nach Erzeugnissen entsprechen. die der Umwelt, der menschlichen Gesundheit, der Pflanzengesundheit, sowie der Gesundheit und dem Wohl­befinden der Tiere nicht abträglich ist

Wir haben daher als Ortsgemeinde den Verfassungsauftrag der Landesverfassung RLP wie in Artikel 69 und 70 ernst genommen. In diesen Artikel heißt es:

VII. Abschnitt: Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Artikel 69 [Umweltschutz]

(1) Der Schutz von Natur und Umwelt als Grundlage gegenwärtigen und künftigen Lebens ist Pflicht des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie aller Menschen.

(2) Besonders zu schützen sind Boden, Luft und Wasser. Ihre Nutzung ist der Allgemeinheit und künftigen Generationen verpflichtet.

(3) Auf den sparsamen Gebrauch und die Wiederverwendung von Rohstoffen sowie auf die sparsame Nutzung von Energie ist hinzuwirken.

Artikel 70 [Tierschutz] Tiere werden als Mitgeschöpfe geachtet. Sie werden im Rahmen der Gesetze vor vermeidbaren Leiden und Schäden geschützt.

Angesichts der vorherrschenden Praktiken hinsichtlich der völlig unzureichenden Maßnahmen bei Klimaschutz, Tier- und Artenschutz usw. (wo ausgerechnet die aus RLP stammende Bundesumweltministerin Klöckner sich im Tierschutz als wirksame Bremserin bei der Abschaffung der verfassungswidrigen Massentierhaltung und der unhaltbaren Zustände in der Massenschlachtung es zu einer traurigen Berühmtheit gebracht hat) können mit Fug und Recht als durchgängig verfassungswidrig betrachtet werden.

Wir, die Bürgerinnen und Bürger, können uns in diesem Sinne vollkommen verfassungskonform auf Artikel 60, insbesondere Absatz 2 und 3 berufen:

(2) Eigentum verpflichtet gegenüber dem Volk. Sein Gebrauch darf nicht dem Gemeinwohl zuwiderlaufen.

(3) Einschränkung oder Entziehung des Eigentums sind nur auf gesetzlicher Grundlage zulässig, wenn es das Gemeinwohl verlangt.

Wird nicht allenthalben mit Eigentum gegen das Gemeinwohl verstoßen? Sind die US-Militäranlagen, die eindeutig nur dazu dienen weltweit die nicht erneuerbaren Energieressourcen zu erschließen und sich anzueignen, wie in den kriegerischen Auseinandersetzungen im Mittleren Osten, so betrachtet nicht gemeinwohlschädlich? Ist die vorherrschende industrielle Landwirtschaft, ja die gesamte aus­schließlich auf Wachstum und Profit ausgerichtete konzernbestimmte Globalisierung nicht hoch­gradig gemeinwohlschädlich durch den damit einhergehenden lebensbedrohenden Klimawandel, durch die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen?

Wir haben indes mit dem Grundgesetz, mit den Landesverfassungen rechtlichte Instrument in der Hand, wen wir sie denn wirklichen zu nutzen wagen, zwecks einer umfassenden Konversion unserer Gesellschaft.

Die Dinge durch Konversion richtig in Ordnung bringen

Das Beispiel der kleinen Hunsrückgemeinde zeigt auf, was möglich sein kann, wenn sich in der Kommunalpolitik der verfassungskonforme Konversionsgedanke von der Bürgerbasis her wie ein Steppenbrand ausbreitet, wenn es uns gelingt zusammen mit FFF auf die Politik, vor allem auf die Kommunalpolitik einzuwirken. Der “angedrohte” Truppenabzug von TRUMP bietet uns eine große Chance in diesem Sinne zu wirken. Angesichts der Landtagswahlen im nächsten Jahr in RLP, möchte ich den LINKEN als immer noch aktiver Kommunalpolitiker empfehlen wie “Fische im Wasser sich zu bewegen”, also nicht dem Irrglauben zu verfallen, man müsse für die Bürgerinnen und Bürger von Oben Konversionspolitik betreiben, sondern es gilt vor allem von Unten in den Kommunen, da, wo wir leben und arbeiten, sich für das Gemeinwahl gemein zu machen mit dem gemeinem Volke – und dabei auch Konversion vorzuleben.

Dann kann es gelingen, aber nur dann, dass wir entschleunigt und selbstbewusst aus dem Wachstum-Konsum-Hamsterrad aussteigen und gleichzeitig die Jahreszeiten nicht mehr durcheinander purzeln.

Richard Pestemer

Anhang: Was ist Konversion (Auszug aus dem Konversionsreader):

Konversion heißt Umwandlung. Hier ist mit Konversion die Umwandlung militärischer in zivile Nutzung bzw. Güter gemeint. Es gibt verschiedene Konversionsarten:

• Liegenschaskonversion (z. B. Kasernen als Handwerkerpark, Bunker für Champignonzucht oder als Pferdestall umnutzen)

• Industrie/Produktionskonversion (z. B. Solarzellen oder Loks statt Waffen, Panzer)

• Wissenskonversion (z. B. Kriegsprävention als neues Forschungsziel)

• Waffenkonversion („Schwerter zu Pflugscharen“)

• Humankonversion (Soldaten und Airbase-Beschäftigte werden umgeschult, arbeiten in anderen zivile Arbeitsfeldern)

• Finanzkonversion (z.B. ländliche Entwicklung und zivile Arbeitsplätze statt Ausbaugelder, Kindergärten statt Eurofighter). Siehe auch: www.bicc.de (Internationales Konversionszentrum Bonn)