Offener Brief von mehr als 250 Organisationen zur Aufnahme gefährdeter Menschen aus Afghanistan
Sehr geehrter Herr Bundesminister Dobrindt,
sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Wadephul,
wir, die unterzeichnenden Organisationen, wenden uns zum Internationalen Tag der Menschenrechte mit einem eindringlichen Appell an Sie: Tun Sie jetzt alles in Ihrer Macht Stehende, um die Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusage bis Jahresende nach Deutschland zu holen.
Noch immer warten rund 1.800 Afghaninnen und Afghanen, die eine Aufnahmezusage von der Bundesregierung bekommen haben, darauf, endlich nach Deutschland evakuiert zu werden. Die meisten von ihnen sind Frauen und Kinder. Unter den Betroffenen sind ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Mitarbeitende von Hilfsorganisationen, Journalist*innen, Richter*innen, Menschenrechts-verteidiger*innen, Angehörige der LSBTIQ+ Community sowie Kulturschaffende. Sie haben sich über Jahre für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Frauen- und Kinderrechte eingesetzt: für universelle Werte – auch im Interesse
Deutschlands. Durch die von Pakistan gesetzte Frist bis Ende dieses Jahres droht ihnen die Abschiebung nach Afghanistan, sollten sie nicht von Deutschland aufgenommen werden.
Ihre Stimmen sprechen für sich:
„Ich will weder Geld noch Brot – ich will nur in Sicherheit leben.“
„Ich lebe in ständiger Angst, abgeschoben zu werden – in ein Leben voller Folter, Gefangenschaft und Todesgefahr.“
„Als jemand, der Menschenrechte verteidigt hat, bitte ich nun darum, dass meine eigenen Rechte geschützt werden.“
Die Zeit drängt. Es zählt buchstäblich jeder Tag.
Die Betroffenen müssen in den nächsten Wochen evakuiert werden, um sie vor einer Abschiebung von Pakistan zurück nach Afghanistan und der Verfolgung dort durch die Taliban zu bewahren.
Deutschland trägt Verantwortung für diese Menschen. Deutschland hat mit seinen Aufnahmezusagen ein Versprechen gegeben. Die menschenrechtlichen Verpflichtungen unseres Landes dürfen kein Lippenbekenntnis sein – das schulden wir jenen, die für Deutschland gearbeitet oder die sich auf uns verlassen haben. Vertrauen ist unsere stärkste Währung. Wer Vertrauen verspielt, handelt gegen Deutschlands Interessen.
Um sie vor Tod und Verfolgung zu schützen, brauchen die Menschen:
1. Sofortige Evakuierungen:
Für alle Menschen mit Aufnahmezusage ist die sofortige, unbürokratische Ausreise vor
Jahresende einzuleiten.
2. Einen schnellen Abschluss der Verfahren ohne weitere Verzögerung:
Die Sicherheitsüberprüfungen und Visaverfahren müssen schnellstmöglich für alle Aufnahmeprogramme – inklusive Menschenrechtsliste und Überbrückungsprogramm
– abgeschlossen werden.
3. Sicherheit vor Abschiebungen nach Afghanistan:
Die Bundesregierung muss im Gespräch mit der pakistanischen Regierung alle Möglichkeiten nutzen, um weitere Abschiebungen der Betroffenen nach Afghanistan zu verhindern und eine sichere Unterbringung bis zum Abschluss der Verfahren zu
gewährleisten.
Gerade jetzt, in der Weihnachtszeit, besinnen wir uns auf Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe. Daher appellieren wir an Sie: Bringen Sie die Menschen, denen wir Schutz versprochen haben, endlich in Sicherheit.
Bundesweite Organisationen:
ACAT-Deutschland (Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter)
Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden(AGDF)
Amnesty International Deutschland e.V.
Antidiskriminierungsverband Deutschland
AWO Bundesverband e.V.
Brot für die Welt
borderline-europe
Menschenrechte ohne Grenzen e.V.
Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht (BuMF) e.V.
Bundesverband der Vietnamesischen Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland
Bundesverband Trans* e.V.
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e.V.
Der Paritätische Gesamtverband
Deutsche Sektion der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (WILPF)
Deutscher Frauenrat
Deutscher Kulturrat, Vizepräsidentin
Equal Rights Beyond Borders e.V.
Flüchtlingshilfe Iran e.V
Frauennetzwerk für Frieden e. V.
FORUM MENSCHENRECHTE
Global Citizen
HÁWAR.help
Help for Friends – Zambia e.V.
Human Rights Watch
Humanistische Union e.V.
International Refugee Assistance Project(IRAP) Europe
International Rescue Committee (IRC) Deutschland
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland
Jugendliche ohne Grenzen
Kabul Luftbrücke
Kindernothilfe e.V.
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
KulturForum TürkeiEuropa
#LeaveNoOneBehind
LSVD+ – Verband Queere Vielfalt
medica mondiale e.V.
medico international
MISSION LIFELINE
Internation e.V
Moving Cities
Neue Richter*innenvereinigung(NRV)
Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V.
Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte e.V.
PEN Berlin
Pena.ger e.V. – die bundesweite Online-Beratungsstelle für Geflüchtete
PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
RAV e.V.
Rechtsberater*innenkonferenz der mit den Wohlfahrtsverbänden zusammenarbeitenden
Rechtsanwält*innen (RBK)
Reporter ohne Grenzen e.V.
Save the Children Deutschland
Sea-Eye e.V.
Sea-Watch e.V.
SOLWODI Deutschland e.V.
Stiftung gegen Rassismus
TERRE DES FEMMES e.V.
Terre des Hommes Deutschland
United4Rescue – Gemeinsam Retten e.V.
Verband afghanischer Organisationen in Deutschland
Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser